Uranverein
Hamburger Forscher des "Uranvereins" (1939-1945)
Im Dezember 1938 wurde von Otto Hahn und Fritz Straßmann die Kernspaltung entdeckt, die dann im Januar 1939 von Lise Meitner und Otto Robert Frisch kernphysikalisch erklärt wurde. Daraufhin haben Wissenschaftler in Deutsch, Frankreich, Italien, USA und anderen Ländern das Potential der Kernspaltung zur Energieerzeugung für sowohl friedliche als auch militärische Nutzungen aufgezeigt. Als dann im Herbst 1939 der Weltkrieg ausbracht, bekamen die militärischen Aspekte ein sehr großes Gewicht.
Der "Uranverein" war ein Zusammenschluss deutscher Wissenschaftler zur Erforschung der militärischen Nutzung der Kernenergie. Ausführlich beschrieben ist der Uranverein hier.
Da auch Hamburger Wissenschaftler am Uranverein beteidigt waren, soll hier eine kurze Zusammenfassung gegeben werden, mit dem Schwerpunkt auf die Forscher, die während oder vor dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg tätig waren.
Der erste Uranverein wurde am 24.4.1939 unter der Leitung von Abraham Esau als "Arbeitsgemeinschaft für Kernphysik" vom Reichserziehungsministerium in Berlin gegründet. Beteiligt waren Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin und der Universität Göttingen. Hamburger Institutionen war hier noch nicht eingebunden.
Der zweite "Uranverein" wurde nach Beginn des Zweiten Weltkrieges gegündet.
Beteiligte Organisationen und Personen waren unter anderen:
- Heereswaffenamt im Kummersdorf-Gut bei Berlin (Forschungszentrum Gottow)
Kurt Diebner (Leitung des Projektes bis 1942) - Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin-Dahlem ("KWI Physik")
Werner Heisenberg (ab 1942 hier), Carl Friedrich von Weizsäcker, Karl Wirtz, Erich Bagge - Experimental-Physikalischen Institut der Universität Leipzig Werner Heisenberg (bis 1942 hier), Robert Döpel
- Ludwig-Maximilians-Universität München
Walther Gerlach (Leitung des Projektes ab 1943) - Institut für Physikalische Chemie der "Hansischen Universität" (Universität Hamburg)
Paul Harteck (Leiter der Hamburger Gruppe)
Wilhelm Groth (u.a. Leiter des Ultrazentrifugenprojektes in Celle)
Hans E. Suess (u.a. auch Berater für die Deuterium-Gewinnung als "schweres Wasser" in Vemork (Norsk Hydro), Rjukan, Norwegen
Klaus Albert Suhr, Volkert Faltings, Erich Nann (Mitarbeiter im Ultrazentrifugenprojektes in Celle)
Friedrich Knauer (wohl nur geringfügig beteiligt)
Das Institut war zu großen Teilen in den Uranverein eingebunden. Die Versuchstationen waren kriegsbedingt auch nach Freiburg und Celle ausgelagert worden. - Physikalisches Staatsinstitut der "Hansischen Universität" (Universität Hamburg)
J. Hans D. Jensen (ab 1941: Professor an der TH Hannover)
(Dieses Institut war im wesentlichen nur durch Jensen eingebunden. Erich Bagge und Rudolf Fleischmann sind erst 1948 bzw. 1947 nach Hamburg gekommen.) - Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie der Universität Kiel
Hans Martin (Gaszentrifugenexperte, wichtiger Kooperationspartner der Hamburger Gruppe) - II. Physikalisches Institut der Wiener Universität
Georg Stetter, Willibald Jentschke (später auch Direktor des DESY in Hamburg) - "Reichsuniversität" Straßburg
Carl Friedrich von Weizsäcker (auch KWI Physik, Berlin), Rudolf Fleischmann - Anschütz & Co. G.m.b.H
Konrad Beyerle - Leunawerke der I.G. Farben
Involviert war auch Henry Albers, Technische Hochschule Danzig, mit der Synthese flüchtiger Uranverbindungen.
Hintergründe und Quellen
Es wird immer noch viel darüber diskutiert, was die genauen Zielsetzungen des Uranvereins, die Bewegungsgründe der Mitwirkenden und der erreichte technologische Stand der Projekte waren.
Neben dem Ziel, eine kriegsentscheidende Superwaffe zu bauen, war auch die Energiegewinnung ("Uranmaschine") anvisiert und wurde sogar später als das realistischere Ziel angesehen.
Die Bewegungsgründe können vielfältig sein: Nationalismus, Patriotismus, Opportunismus, Ehrgeiz, Forscherdrang, Vermeidung des Fronteinsatzes uva. Die einzelnen Teilnehmer hatten hier wohl auch unterschiedliche Bewegungsgründe.
Paul Harteck war nicht Mitglied der NSDAP und wurde sogar in Berlin denunziert, nicht linientreu zu sein.
Der Uranverein hat seine Ziele nicht erreicht.
Ein Teil der Arbeiten ist in den "Kernphysikalischen Forschungsberichten" dokumentiert und auf den Webseiten des Deutschen Museums zugänglich.
Die Alsos-Mission unter Leitung von Samuel A. Goudsmit hat viele Geheimdokumente sichergestellt, die jetzt in den Niels Bohr Library & Archives zugänglich sind.
"Manhatten-Projekt"
Das Manhattan Engineer District (MED, "Manhattan-Projekt") umfasst die Tätigkeiten der USA während des Zweiten Weltkrieges zur Entwicklung und zum Bau einer Atombombe.
Otto Robert Frisch, 1933 von den Nationalsozialisten aus Hamburg vertrieben, war ein gewichtiger Teilnehmer dieses amerikanischen Projektes und analoger Entwicklungen in England.
Entwickungen nach 1945
Max Volmer war in der Entwicklung der Kernenergie in der Sowjetunion eingebunden, aber wohl nicht federführend.
Die friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland wurde stark von Wilhelm Groth geprägt. Auch Gabriel A. Melkonian ist hier zu nennen.
Später (nach 1950) haben Paul Harteck und Hans E. Suess Professuren in der USA angenommen, die sich mit wissenschaftlichen Grundsatzfragen der Kernphysik beschäftigten.
Korrekturen und Ergänzung senden Sie bitte an V. Vill.(Publikationen"AT"chemie.uni-hamburg.de)