Eindimensionale Nanodrähte
Unsere Experten: Roman Kusterer, Daniel Lengle, Moritz Wehrmeister
Eindimensionale Nanostrukturen weisen einen Quanteneinschluss in zwei Dimensionen auf, während ihre Länge im Bereich von einigen zehn Mikrometern liegen kann. Daher besitzen Nanodrähte einzigartige physikalische Eigenschaften auf, können aber auch in mikroskopische Geräte integriert werden. In unserer Forschungsgruppe werden Nanodrähte synthetisiert, verarbeitet und untersucht, z. B. durch elektrische Messungen, optische Spektroskopie und Oberflächenpotentialmessungen.
Synthese
Halbleiter-Nanodrähte (NWs) können in Lösung durch eine Solution-Liquid-Solid (SLS)-Methode hergestellt werden, bei der Metall-Nanopartikel mit niedrigem Schmelzpunkt (z. B. Wismut) als Katalysatoren verwendet werden (siehe Abb. 1). Bei der SLS-Synthese entstehen Nanodrähte mit Durchmessern zwischen 10 und 30 nm. Neben der SLS-Methode können auch solvothermische Ansätze verwendet werden, um qualitativ hochwertige (fast monokristalline) NWs mit größeren Durchmessern von etwa 50 nm zu erhalten (siehe Abb. 1b). Bei dieser Reaktion wird ein Single-Source-Precursor in einem organischen Koordinationslösungsmittel gelöst und in einem Autoklav erhitzt (Ref). Dieser Ansatz ermöglicht eine sehr hohe Ausbeute (im Milligramm-Maßstab) und eine ligandenfreie Oberfläche. Unsere Arbeit konzentriert sich auf die Synthese und Charakterisierung von II-VI-Halbleiter-NWs mit der Zusammensetzung CdE (E = Se, Te, S) NWs.
Experimenteller Aufbau
Unser Aufbau ermöglicht die gleichzeitige Durchführung von optischen, elektrischen, topographischen und Oberflächenpotentialmessungen. Hierfür werden einzelne Nanodrähte auf transparenten Substraten abgeschieden (und kontaktiert). Dies ermöglicht die Anregung der Nanostruktur von unten, während die Topografie von oben mittels Rasterkraftmikroskopie (AFM) untersucht wird. Zusätzlich wird das Oberflächenpotential mittels Kelvinsonden-Kraftmikroskopie (KPFM) mit oder ohne gleichzeitiges Bias-Potential auf dem kontaktierten Nanodraht gemessen.
Elektrische Messungen
Für die elektrische Charakterisierung der NWs werden Feldeffekttransistoren (FETs) mittels optischer Lithografie hergestellt (siehe Abb. 3a, Ref.). Diese NWFETs ermöglichen die Charakterisierung der NWs, die Überwachung von Reaktionen und die Untersuchung verschiedener Phänomene. Zum Beispiel ist es möglich, Kationenaustauschreaktionen zu überwachen und wertvolle Informationen wie die Ladungsträgerkonzentration zu bestimmen. Solche NWFETs können auch als Sensoren eingesetzt werden, da sich die Leitfähigkeit ändert, wenn die Umgebung verändert wird. Die IV-Kurven eines CdS-NWFET werden mit und ohne Beleuchtung aufgenommen (siehe Abb. 3b, rote und schwarze Kurven). Es ist deutlich zu erkennen, dass die Leitfähigkeit bei Beleuchtung zunimmt. Dieser Effekt ist noch stärker, wenn die Atmosphäre um den NW auf Stickstoff umgestellt wird (blaue Kurve). Zusätzlich ist es möglich, Effekte wie den superionischen Phasenübergang in NWs mit diesen Geräten zu untersuchen.
Optische Messungen
Zur Untersuchung der optischen Eigenschaften von Halbleiter-NWs können verschiedene Methoden eingesetzt werden. Wir konzentrieren uns auf die konfokale Spektroskopie, die die Untersuchung der Photolumineszenz (PL) und der Schwingungseigenschaften von NWs in Ensembles und auf Einzelteilchenebene ermöglicht. Durch die Verwendung einer Vielzahl von speziellen Anordnungen erhalten wir Daten mit hoher zeitlicher und spektraler Auflösung. Ein PL-Scan von CdSe-NWs mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 9 nm sowie ein entsprechendes Spektrum sind in Abb. 4 dargestellt.
Messungen des Oberflächenpotenzials
Das Oberflächenpotenzial einer Probe kann Aufschluss über verschiedene Eigenschaften geben, z. B. über die Austrittsarbeit, Oberflächenadsorber oder das Vorhandensein von Streuladungsträgern. In diesem Experiment ist das wichtigste Merkmal jedoch der Potenzialabfall entlang eines elektrisch kontaktierten Nanodrahtes, an dessen Enden eine Spannungsdifferenz angelegt wird, sowie das Verhalten des Potenzials an den Halbleiter-Metall-Grenzflächen.
Bei einem CdS-Nanodraht, der mit Gold und Indium kontaktiert ist, wie in Abb. 5 dargestellt, kann man beobachten, dass ein an die Kontakte angelegtes Potenzial je nach Richtung unterschiedlich entlang des Drahtes abfällt. Diese Information kann für die Charakterisierung der Kontaktschnittstellen genutzt werden. In diesem Fall erzeugt zum Beispiel Indium einen ohmschen Kontakt, während Gold einen Schottky-Kontakt mit dem Nanodraht bildet. Wird der Schottky-Kontakt in umgekehrter Richtung vorgespannt, lädt sich der Draht zusammen mit der rechten Elektrode auf, wobei wenig, bis kein Strom fließt. Bei einem in Vorwärtsrichtung vorgespannten Schottky-Kontakt können Elektronen durch den Nanodraht und durch die Barriere fließen. Dies ist an einem stärkeren Potenzialabfall entlang des Nanodrahtes zu erkennen.
Publikationen
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