Ringvorlesung: "RNA im Jahr der (Bio-) Chemie"
Ringvorlesung im Sommersemester 2011 des Fachbereichs Chemie
Veranstaltungsort:
Mittwochs, 17:00 - 18:00 Uhr, Hörsaal B der Chemischen Institute, Martin-Luther-King-Platz 6 (Anreisebeschreibung)
RNA – das molekulare Chamäleon
Der Mensch, der sich selbst gerne als Krone der Schöpfung bezeichnet, ist Bestandteil einer Welt, die nicht immer so aussah wie heute. Wie sah die Welt früher wohl aus – zu Beginn der Evolution? Betrachten wir die Zusammensetzung des menschlichen Körpers, so stellen wir fest, dass die drei Hauptbestandteile Wasser (70 %), Proteine (18 %) und Fette (5 %) sind. Die genauen Werte variieren je nach konsultiertem Lehrbuch. Nucleinsäuren – also DNA und RNA – machen zusammen jedoch nur 1,5 % der Zelle aus. In einer Zelle laufen permanent zahlreiche lebenswichtige Prozesse ab. Diese müssen gezielt gesteuert werden, was Mechanismen zur Regulation und Katalyse erforderlich macht. Seit über 100 Jahren wissen wir, dass Enzyme unseren gesamten Stoffwechsel katalysieren. Bis vor etwa 25 Jahren herrschte die Meinung vor, dass ausschließlich Proteine als Enzyme fungieren könnten. Ein Leben ohne Proteine galt den meisten als unmöglich. Allerdings deuteten schon 1967 einige Experten (darunter Francis Crick, der Mitentdecker der DNA-Doppelhelix) darauf hin, dass RNA komplexe Strukturen ausbildet und daher möglicherweise zur Katalyse in der Lage ist. In den 1980er Jahren machte man schließlich eine fundamentale Entdeckung: man fand katalytisch aktive Ribonucleinsäuren (RNA), die man Ribozyme nannte. Im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts entdeckte man weitere Funktionen der RNA. Seither gilt RNA nicht mehr als bloße Blaupause des genetischen Codes, sondern als Chamäleon unter den Biomolekülen. Obwohl mengenmäßig kaum von Bedeutung, kann RNA nicht nur (Über-)Träger genetischer Informationen und Enzym sein, sondern auch Gene an- und abschalten. RNA spielt überdies eine essentielle Rolle bei der Synthese von Proteinen. All diese Befunde führten zu der sich mehr und mehr durchsetzenden Hypothese, dass vor unserer heutigen Protein-Welt einmal eine RNA-Welt existiert hat. Wenn man bedenkt, dass nur etwa 1,5 % des menschlichen Genoms Proteine codieren, circa 70 % aber RNAs codieren, könnte man sich sogar die Frage stellen, ob wir nicht vielleicht noch immer in einer RNA-Welt leben.
Hamburg, März 2011, Andrea Rentmeister & Uli Hahn
Die Kurzbeschreibungen erhalten Sie als PDF-Dokument durch Anklicken der Veranstaltungstitel.
13.04.11 |
Gebrauchte Autos, der Verkauf der Brooklyn-Brücke und RNA Strukturvorhersagen Prof. Dr. Andrew Torda, Zentrum für Bioinformatik, Universität Hamburg |
20.04.11 |
Sind nicht-kodierende RNAs die dunkle Materie des Erbgutes? Dr. Nicolas Piganeau, Institut für Biochemie und Molekularbiologie, Universität Hamburg |
27.04.11 |
Damit unsere Gene endlich mal die Klappe halten: RNA Interferenz Dr. Patrick Ziegelmüller, Institut für Biochemie und Molekularbiologie, Universität Hamburg |
11.05.11 |
Zelluläre Einschleusung und intrazelluläre Freisetzung von siRNA Prof. Dr. Georg Sczakiel, Institut für Molekulare Medizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck |
18.05.11 |
Axonaler mRNA Transport und lokale Proteinsynthese in Neuronen: Märchen oder Wahrheit? Dr. Gaby Loers, Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg (ZMNH), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) |
25.05.11 |
Krebs durch Alltagschemikalien: Synthese und Studien von geschädigter DNA Prof. Dr. Chris Meier, Institut für Organische Chemie, Universität Hamburg |
08.06.11 |
Bei Anruf Mord: RNA-Schalter und –Enzyme Jun.-Prof. Dr. Andrea Rentmeister, Institut für Biochemie und Molekularbiologie, Universität Hamburg |
22.06.11 |
Aptamere – molekulare Werkzeuge durch Evolution im Reagenzglas Dr. Cindy Meyer, Institut für Biochemie und Molekularbiologie, Universität Hamburg |
29.06.11 |
tRNA - Neue Funktionen für alte Bekannte Dr. Heike Betat, Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie, Institut für Biochemie, Universität Leipzig |
06.07.11 |
Die RNA-Welt-Theorie: von Blausäure über RNA zum Homo sapiens Prof. Dr. Günter Mayer, Life & Medical Sciences (LIMES) Institute, Faculty of Mathematics and Natural Sciences, Universität Bonn |
13.07.11 |
Das Ribosom – die älteste molekulare Maschine der Welt Prof. Dr. Uli Hahn, Institut für Biochemie und Molekularbiologie, Universität Hamburg |
Bildnachweis: www.t6.lanl.gov/kys/The Sanbonmatsu Lab_files/sanbonmatsu_white.jpg