Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wittko Francke verstorben
29. Dezember 2020, von Chris Meier

Foto: Privat
Am 27.12.2020 verstarb Professor Dr. Dr. h.c. mult. Wittko Francke in Alter von 80 Jahren. Der Anlass für diesen Nachruf ist ein für mich zutiefst bestürzender und ich kann meine Trauer nicht verleugnen. Doch dieser Nachruf soll Wittko Franke die letzte Ehre erweisen. Er war mir stets ein sehr guter Freund da ich die beiden Jahrzehnte an seiner Seite verbringen durfte. Ich möchte das Lebenswerk und die menschliche Seite eines herausragenden Wissenschaftlers würdigen, dessen Verdienste für das Fach Organische Chemie national und international große Anerkennung gefunden haben. Darüber hinaus hat Wittko Francke seit seinem Studium bis zur Pensionierung den Fachbereich Chemie der Universität Hamburg maßgeblich mitgestaltet und geprägt.
Geboren wurde er 1940 in Reinbek bei Hamburg und dort ist er auch aufgewachsen. Ab 1960 hat es Wittko Francke zum Chemie-Studium in die große Stadt Hamburg verschlagen. Das Studium wurde 1968 mit dem Diplom-Abschluss beendet. Anschließend wurde er in eine Stelle als wiss. Assistent im Chemischen Staatsinstitut – Institut für Organische Chemie, Universität Hamburg eingewiesen. Parallel dazu erfolgte die Promotion in der Arbeitsgruppe von Prof. K. Heyns, die 1973 abgeschlossen wurde. Im Anschluss daran erhielt er eine Assistentur an der Universität Hamburg. Die Arbeiten der folgenden Jahre führten 1979 zur Habilitation an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen-Fakultät. In 1985 erhielt Herr Francke eine Professur auf Lebenszeit am Institut für Organische Chemie der Universität Hamburg wo er bis zur Pensionierung und darüber hinaus bis heute in Forschung und Lehre tätig war. Seine wissenschaftlichen Arbeiten in den Bereichen Naturstoffchemie und Umweltchemie (über 450 Publikationen) führten zu zwei externen Rufen: 1985 an die Universität Gießen und 1990 an die Universität Heidelberg. Beide Rufe lehnte er ab. Kollege Francke war eben ein Ur-Hamburger Gewächs. Als Rufabwehrmaßnahme des zweiten Rufes erfolgte die Gründung der Abteilung für Organomeereschemie.
Seine wissenschaftlichen Tätigkeiten wurden mehrfach ausgezeichnet: Carl-Christiansen-Gedächtnis-Preis (1980); Ehrenmedaille der International Society of Chemical Ecology (1995); Otto-Wallach-Plakette der GDCh (1996); Karl-Escherich-Medaille der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie (2005); sowie Ehrendoktorwürden der Universitäten Göteborg (1997) und Lund (2005). Beide Auszeichnungen weisen zudem auf seine enge Beziehung zu Schweden bzw. zu Kooperationen, die über lange Jahre mit schwedischen Arbeitsgruppen gepflegt wurden. Kollege Francke wurde 2016 zum Ehrenmitglied der International Society of Chemical Ecology ernannt. Diese Auszeichnung wurde nicht nur wegen vieler internationaler, interdisziplinärer Kooperationen mit biologischen Forschergruppen vergeben, sondern auch für seinen unermüdlichen Einsatz für diese Society in den letzten Jahrzehnten.
Herausragenden und prominenten Mitgliedern einer wissenschaftlichen Community werden fast zwangsläufig auch Tätigkeiten in wissenschaftlichen Gesellschaften und Journalen angetragen. So auch an Herrn Francke: Er war Präsidiumsmitglied und Präsident der International Society of Chemical Ecology; Vorsitzender und Präsidiumsmitglied der Liebig-Vereinigung für Organische Chemie der GDCh; Chairman der Jury im Wettbewerb Young Europeans’ Environmental Research; Chairman des technisch-wissenschaftlichen Beirats der GKSS, Geesthacht; Mitherausgeber der Zeitschriften European Journal of Organic Chemistry, Chemoecology und Journal of Chemical Ecology. Weiterhin war Francke als Gutachter für verschiedene nationale und internationale Wissenschaftsorganisationen tätig.
Selbstverständlich war es für ihn, sich neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch für den Fachbereich Chemie der UHH einzusetzen. Dies geschah zum einen in der Lehre, auf die ich später noch einmal eingehen möchte und zum anderen auch in den manchmal erfreulichen, häufig aber anstrengenden Arbeiten in der sogenannten akademischen Selbstverwaltung, in der man doch so oft nicht selbst- sondern fremdbestimmt ist. Ich möchte beispielhaft in Erinnerung rufen, dass er als langjähriger Dekan des Fachbereichs dessen Geschicke maßgeblich bestimmt hat. Ferner hat er in der 1. Strukturkommission mitgewirkt, die zur damaligen Evaluierung des Fachbereichs führte. Weiter möchte ich erwähnen, dass er als Vorsitzender im Studienreformausschuss maßgeblich an der Entwicklung des Bachelor-Studienganges Chemie beteiligt war. Letztlich soll auch nicht vergessen werden, dass er in mehreren Senatsausschüssen tätig war.
Diese Auflistung von Karriereetappen bzw. -bestandteilen klingt fast beiläufig; vieles klingt wie selbstverständlich. Begründet wird sie aber durch dauerhafte, harte wissenschaftliche Arbeit und steten hohen vorbildlichen Einsatz auf allen Ebenen. Oft sogar ohne Rücksicht auf das eigene Wohl.
Passend dazu ein Zitat eines früheren Kollegen, der ihn wie folgt charakterisierte: „…einem wissenschaftlich fruchtbaren Kollegen, der in selbstloser Weise seine Arbeitskraft in den Dienst der Aufrechterhaltung der Institutsfunktionen gestellt hat …“
Wittko Francke verstarb am 27.12.2020 durch eine Covid-19-Infektion. Der Fachbereich verliert eine herausragende Persönlichkeit, der auch über die Pensionierung hinaus noch über Jahre am Fachbereich gewirkt hat. Ich werde seine offene, großherzige, großzügige, kritisch beratende und hilfsbereite Persönlichkeit sehr vermissen und ihn stets in sehr guter Erinnerung behalten. Unvergessen auch die zahlreichen, ausgesprochen amüsanten, zum Teil bis tief in die Nacht andauernden Treffen zum Testen verschiedenster, herausragende Weine begleitet von kulinarischen Köstlichkeiten.
Ich trauere mit der Familie. Ruhe in Frieden!