Rufannahme Prof. Agnes Weiß - Lebensmittelmikrobiologie
8. Dezember 2021

Foto: Privat
Frau Prof. Dipl.-Ing. Dr. Agnes Weiß hat den Ruf auf die Professur für „Lebensmittelmikrobiologie“ angenommen und nimmt ihren Dienst am Fachbereich Chemie zum 1. Januar 2022 auf.
Traditionell ist in der Lebensmittelmikrobiologie die Identifizierung von Mikroorganismen von großem Interesse, um diese einerseits für die reproduzierbare Herstellung fermentierter Lebensmittel als Starterkulturen einzusetzen. Andererseits soll sie einen Verderb des Lebensmittels oder eine Erkrankung des Konsumenten verhindern. Während dies in der Vergangenheit mittels kultureller und biochemischer Techniken untersucht wurde, steht derzeit das Genom der Mikroorganismen im Fokus der Forschung. Über die Anwesenheit gewisser Gene lässt sich nicht nur in silico eine Risikoabschätzung vornehmen, sondern auch Aussagen über die prinzipiellen metabolischen Eigenschaften eines Stammes treffen. Derzeit lassen diese Daten hauptsächlich Schlüsse zu Einzelstämmen und unter Laborbedingungen zu. Dies ist jedoch ein sehr artifizielles System, da in vivo im Lebensmittel Mikroorganismen komplex miteinander und mit dem Wirt interagieren. Von besonderem Interesse für die Forschung von Prof. Weiß ist daher, wie Mikroorganismen mit verschiedenen tierischen und pflanzlichen Wirten interagieren, und wie sich das auf ihre Virulenz auswirkt. In Zukunft wird es daher von essenzieller Bedeutung sein, Sequenzdaten mit Daten zur Physiologie sowie mit Fluoreszenzassays zu verknüpfen, um detaillierte Einsichten in diese metabolischen Netzwerke zu erlangen. Diese Einsichten werden einerseits die Lebensmittelsicherheit erhöhen, andererseits eine maßgeschneiderte, ressourcen-schonende Fermentation ermöglichen.
An der Universität Hamburg werden folgende Forschungsschwerpunkte weiterentwickelt:
- Einsatz von „omics“ Technologien zur Charakterisierung von Fermentationsorganismen und gezielten Selektion von Starterkulturen;
- Mechanismen der Inaktivierung von bakteriellen Verderbern und Pathogenen in Lebensmitteln durch konventionelle und nicht-thermische Verfahren, mit Schwerpunkt Fruchtsäfte;
- Bedeutung von Nutzpflanzen als Sekundärwirte für Humanpathogene und pflanzliche Lebensmittel als Überträger von bakteriellen Infektionen und Intoxikationen.
In der Lehre wird Prof. Weiß Veranstaltungen im Fach Lebensmittelmikrobiologie in den Bachelor- und Masterstudiengängen Lebensmittelchemie und dem Lehramtsstudiengang Ernährungs- und Haushaltswissenschaften anbieten. Neben der Theorie zur Systematik und zum Aufbau von Mikroorganismen, zur Pathogenese, zum Verderb und zur Fermentation werden auch technologische Aspekte der Inaktivierung von Mikroorganismen im Lebensmittelkontext Inhalt der Vorlesungen sein. Zusätzlich werden Praktika zum Erlernen des Umgangs mit apathogenen sowie pathogenen Mikroorgansimen angeboten. Komplementär werden kulturunabhängige, molekularbiologische Methoden angewandt. Für alle Studiengänge werden Themen für Abschlussarbeiten, die in engem Zusammenhang mit aktuellen Forschungsthemen stehen, angeboten. Des Weiteren wird Prof. Weiß die Internationalisierung des Fachbereichs Chemie durch Kooperationen wie im laufenden European Union’s Marie Skłodowska-Curie Innovative Training Network (GA No. 956257) „Establishing a strong and lasting international training network for innovation in food and juice industries: A 4D-research approach for fruit juice processing (HiStabJuice)“ vorantreiben.
Prof. Weiß studierte den Diplomstudiengang Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur, Wien, und promovierte nach einer kurzen Anstellung in der Privatindustrie anschließend über „Isolation and characterisation of probiotically relevant micro-organisms from the human and animal intestinal tract“ ebenfalls an der Universität für Bodenkultur, Wien. Von 2005 bis 2007 war sie an der Universität Bayreuth als PostDoc und ab 2008 an der Universität Hohenheim in Stuttgart als Wissenschaftlerin tätig. Im Jahr 2016 wurde sie zur akademischen Rätin und im Jahr 2018 zur akademischen Oberrätin ernannt.