Wolfgang Walter: Vorgeschichte und Entwicklung des Fachbereiches Chemie der Universität Hamburg (1613 - 1994)
Anlässlich des 75. Jahrestags der Universitätsgründung 1994 stellte Professor emeritus Wolfgang Walter die Entwicklung des Fachbereichs Chemie in historischer Sicht dar.
1. Prolog
Das Organigramm des Fachbereichs Chemie (Abb. 1) zeigt im Jahr des 75. Jubiläums sechs Institute und eine fachbereichsunmittelbare Abteilung.
Bei der Gründung der Universität gab es nur ein Institut, das Chemische Staatslaboratorium, das schon vor der Universitätsgründung bestanden hatte und das selbst aus dem akademischen Gymnasium in Hamburg hervorgegangen war. Auf dieser Traditionslinie reichen die Wurzeln der Chemie in Hamburg nicht nur formal, sondern auch tatsächlich in das 17. Jahrhundert zurück, denn der Rektor des Akademischen Gymnasiums, Joachim Jungius, hat zur Entwicklung der Chemie als Wissenschaft bedeutende Beiträge geleistet (1).
Es ist nicht ohne Reiz, darauf hinzuweisen, dass 1676 in Hamburg der Phosphor entdeckt wurde, und zwar von dem Alchimisten Henning Brand, der keinen Kontakt zum akademischen Gymnasium hatte (2). Daran werden die wissenschaftlichen Leistungen späterer Chemiker in Hamburg zu messen sein.
Die Einteilung des Stoffes orientiert sich an Ereignissen der Geschichte und der Bildungspolitik, von denen die Struktur der Universität geprägt wurde. Im Interesse der gebotenen Knappheit der Darstellung werden im folgenden fast alle Personen nur mit ihrem Nachnamen genannt, abgekürzte Vornamen und biographische Hinweise finden sich in dem diesen Beitrag abschließenden Personalregister. Es enthält alle Professoren, die in früheren Fakultäten und im Fachbereich Chemie geforscht und gelehrt haben, sowie ausgewählte Namen von Personen, die durch die Art und Weise, wie sie ihre Aufgabe ausgefüllt haben, einem größeren Personenkreis bekannt geworden sind.
Dabei ist Subjektivität nicht zu vermeiden, ebenso wenig wie bei der Auswahl und der Darstellung der behandelten Ereignisse, die notwendigerweise bis an die unmittelbare Gegenwart herangeführt werden mußte. Ich habe daher mit einer Ausnahme persönliche Wertungen lebender Personen vermieden und mich um Zurückhaltung bei der Schilderung von Problemen bemüht.
Allen, die mir bei der Materialbeschaffung und durch klärende Gespräche geholfen haben, sage ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank.
Der Aufsatz ist gewidmet meinen akademischen Lehrern, meinen Kommilitonen, meinen Kollegen, meinen Mitarbeitern im weitesten Sinne und den Studierenden, mit denen ich Umgang hatte; der gelegentliche Austausch mit ihnen gehört für mich immer noch zu den Elixieren des Lebens.
2. Bis zur Gründung der Universität
2.1 Das 1613 in Hamburg gegründete Akademische Gymnasium sollte, wie der Rat es der erbgesessenen Bürgerschaft vorgestellt hatte, folgendes bewirken: ... damit die hiesigen Bürgerkinder nicht allzufrüh nach Akademien geschickt, sondern allhier fleißig exerziertet würden.." (3).
Unterrichtsgegenstände für die Schüler, die mit etwa 15 Jahren die Lateinschule beendet hatten, waren die sieben freien Künste, nämlich das Trivium:
Grammatik, Dialektik und Rhetorik,
sowie das Quadrivium:
Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Physik.
Es waren die Philosophicis", die zu absolvieren waren, bevor man das Fachstudium in den höheren Fakultäten, der theologischen, juristischen oder medizinischen Fakultät beginnen konnte.
Dazu sei die Fortsetzung des obigen Textes zitiert: ... damit, wenn die studierenden Jünglinge nach Akademien kämen, dieselben sich nicht lange bei den Philosophicis aufhalten dürften und vielmehr sofort ad facultates schreiten könnten."
An diese Schule wurde 1629 Jungius als Rektor berufen, ein Mann, dessen Bedeutung der 30-jährige Leibniz 1667 wie folgt charakterisiert hat: Jungius... ein Mann, den nur seine Bescheidenheit daran hinderte, auch dem Cartesius den Ruhm seiner Zeit streitig zu machen, und der das meiste besser als Cartesius besessen hat, sogar bevor es von diesem veröffentlicht worden ist, war ein Mathematiker und Liebhaber der Natur höchsten Ranges; hätte er doch seine gesamte Logik publiziert, wir besäßen eine Art Thesaurus des menschlichen Geistes" (4).
Jungius
hat das Akademische Gymnasium bis zu seinen Tode 1657 geleitet und ihm 1652 eine neue Ordnung gegeben, in welcher der Unterricht in Mathematik mit Demonstrationen und Übungen hervortritt...." (5).
2.2
Aus dieser Schule, an der in der Regel sechs Professoren wirkten, entwickelte sich der öffentliche chemische Unterricht in Hamburg, denn die am Akademischen Gymnasium bestehende Professur für Mathematik und Physik wurde 1837 um das Fach Chemie erweitert.Im Januar 1839 trat der bis dahin als Professor für Physik und Chemie an der Kantonalschule in Aarau tätige Karl Wiebel seinen Dienst am Akademischen Gymnasium an, nachdem er durch Senatsbeschluß auf die Professur für Mathematik, Physik und Chemie berufen worden war.
Er hat sie bis 1881 bekleidet, wobei er sich aber hauptsächlich der ihm auch übertragenen Aufgabe widmete, einem größeren Publikum Hamburgs naturwissenschaftliche Anschauungen näherzubringen, was angesichts von jährlich 3 -5 Gymnasiasten angemessen war.
Das Akademische Gymnasium wurde 1883 aufgehoben. Schon im Zusammenhang mit seiner Berufung hatte Wiebel darauf hingewiesen, dass Physik und Chemie, wenn sie das Interesse eines größeren Publikums erregen und dauernd fesseln sollten, nicht nur abstrakt theoretisch, sondern auch experimentell behandelt werden müßten. Daraus folgte die Forderung nach einem chemischen Laboratorium, das 1841 in der Curienstraße errichtet wurde.
Die hier tätigen Praktikanten brauchten nicht im Akademischen Gymnasium immatrikuliert zu sein. Mit einer wachsenden Zahl von Praktikanten konnten praktische Probleme bearbeitet werden, die für die Stadt bedeutungsvoll waren.
2.3
Im Zuge dieser Entwicklung wurde das Laboratorium 1878 aus dem Verband des Gymnasiums gelöst und als Chemisches Staatslaboratorium zu Hamburg" reorganisiert und mit amtlichen Aufgaben betraut (6). Dazu gehörten die amtliche Petroleumkontrolle, bei der die Entflammbarkeit sämtlicher im Hamburg eingeführter Petroleumchargen ermittelt wurde, die amtliche Lebensmittelkontrolle und forensische Untersuchungen.Nach Ausbruch der Choleraepedemie 1892 wurden Desinfektionsprobleme in das Untersuchungsprogramm aufgenommen. Es traten also die Aufgaben eines Untersuchungsamtes gegenüber der Unterrichtstätigkeit in den Vordergrund.
Zum Direktor des Chemischen Staatslaboratoriums wurde der Sohn Karl Wiebels, Ferdinand Wibel, bestellt, der nach seiner Promotion bei Wöhler 1864 in das Laboratorium eingetreten und 1872 zum Assessor für Chemie im Medicinalkollegium ernannt worden war, womit er als sachverständiger Gutachter für die Hamburger Behörden fungierte. Aus Gesundheitsgründen schied Wibel 1893 aus dem Dienst, womit eine 60 Jahre währende erfolgreich auf die Praxis gerichtete Tätigkeit der Dynastie Wiebel/Wibel zu Ende ging.
Die in dem einstöckigen 15,5 x 5,8 m messenden Haus (7) in großer Raumnot erbrachten Leistungen waren so imponierend, dass der 1889 von Wibel vorgeschlagene Neubau bereits 1892 zu der Entscheidung des Senats führte, das Gelände westlich des Botanischen Gartens im Zuge der alten Wallanlagen als Baugrund auszuweisen. Dazu mag auch der Umstand beigetragen haben, dass sich Wibel mit den Leiter des Physikalischen Staatslaboratoriums A. Voller auf einen gemeinsamen Neubau der beiden Institute geeinigt hatte. Die Planungen wurden erst nach dem Ausscheiden von Wibel abgeschlossen, so dass sein Nachfolger daran noch maßgebend mitwirken konnte. Eine ausführliche Beschreibung des Neubaues mit Abbildungen und Plänen findet sich in einer zur 73. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte 1901 erschienenen Festschrift.
2.4
Mit Wibels Nachfolger Max Dennstedt trat 1893 zum ersten Mal eine Persönlichkeit mit einer akademischen Biographie an die Spitze des Laboratoriums. Dennstedt hatte bei A.W. Hoffinann in Berlin promoviert und bei Cannizzaro und Ciamician auf dem Gebiet der Pyrrolchemie gearbeitet. Er habilitierte sich in Rom und war von 1885 bis 1890 als Professor für Chemie an der Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin tätig.Nach deren Eingliederung in die Kriegsakademie war er auf Wartegeld gesetzt worden und konnte daher die ihm in Hamburg angebotene Stellung sofort antreten. Dennstedt beendete in Hamburg seine Untersuchungen über das Pyrrol und wandte sich der Analytik zu, wobei den Aufgaben des Laboratoriums entsprechend forensische Probleme einen großen Raum einnahmen. Auf dem Gebiet der Elementaranalyse organischer Verbindungen, das seit Liebigs grundlegenden Arbeiten kaum wesentlich weiterentwickelt worden war, erzielte Dennstedt wesentliche Fortschritte. Seine 1903 erscheinende Anleitung dazu erlebte 1947 ihre 6. Auflage (8).
Er begründete damit die literarische Tradition der Chemie in Hamburg. Auch entfaltete er von Anfang an wieder eine rege Vorlesungstätigkeit, die großen Anklang fand. Die Kurse über die Dennstedtsche Elementaranalyse" (9) waren auch außerhalb Hamburgs geschätzt, denn unter den Praktikanten finden sich die Namen von Fritz Arndt und Hans Meerwein.
2.5 Als Dennstedt 1910 aus Gesundheitsgründen in den Ruhestand trat, waren die Bestrebungen, in Hamburg eine Universität zu gründen, schon soweit fortgeschritten, dass nach außen sichtbare Strukturänderungen im Laboratorium vorgenommen wurden. Eine neue Abteilung für Angewandte Chemie sollte unter der Leitung von F. Voigtländer eingerichtet werden und als Nachfolger Dennstedts wollte man einen Chemiker von Rang gewinnen. Eine erste Berufungsliste enthielt die Namen Meisenheimer, Diels und Dimroth, auch Biltz und H. Staudinger waren im Gespräch. Dimroth lehnte einen Ruf ab und Verhandlungen mit Staudinger blieben ergebnislos. Eine neue 1913 aufgestellte Liste enthielt die Namen Willstätter und Rabe. Über die erfolglosen Verhandlungen mit v. Melle hat Willstätter Lesenswertes geschrieben (10).
Paul Rabe
(11), bis dahin Ordinarius an der Deutschen Technischen Hochschule in Prag, nahm den Ruf an und wurde am 1.10.1914 zum Direktor des Staatslaboratoriums ernannt. Die 1910 geplante Reorganisation wurde vorgenommen und ein 1913 geplanter Umbau sowie die Erweiterung des Instituts um eine Achse begonnen, jedoch erst 1918 beendet. Einen Eindruck von der Unterrichtstätigkeit des Institutes gibt der in Abb. 2 gezeigte Ausschnitt aus dem Verzeichnis Hamburgische Universitätskurse WS 1919".3. Von der Gründung der Universität bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges (1919 - 1945)
3.1 Nach Gründung der Universität wurde Rabe zum ordentlichen Professor ernannt und zum ersten Dekan der Mathematisch Naturwissenschaftlichen Fakultät gewählt (vgl. Abb. 1).
Das Chemische Staatslaboratorium wurde 1921 in das Chemische Staatsinstitut umgewandelt (12), das in zwei Institute zu je drei Abteilungen und das Untersuchungsamt gegliedert war (Abb. 1).
1922 wurde nach der Berufung von Otto Stern auf das neuerrichtete Ordinariat für Physikalische Chemie diese Abteilung in ein Institut umgewandelt und aus dem Chemischen Staatsinstitut ausgegliedert. Abgesehen von diesem Vorgang darf die Gliederung des Chemischen Staatsinstitutes als nicht so straff angesehen werden wie man es nach dem Organigramm in Abb. 1 erwarten konnte. Die verschiedenen Institute und Abteilungen waren in einem relativ kleinen Gebäude vereint und verfügten nur über wenige Mitarbeiter; so gab es in den Abteilungen des Instituts für Angewandte Chemie keine Assistentenstellen. Die im Vorlesungsverzeichnig des WS 1919/20 angekündigte Vorlesung: Pharmazeutische Chemie (Abb. 2) wurde von Göhlich, einem Mitarbeiter im Untersuchungsamt gehalten, der 1922 Voigtländer als Vorsteher des Untersuchungsamtes nachfolgte. Nach seiner Habilitation übernahm Kindler die Ausbildung in der Pharmazeutischen Chemie und wurde 1936 Vorsteher der dann gegründeten Abteilung für Pharmazeutische Chemie, die aber 1938 auf Anordnung des Kultusministeriums bereits wieder geschlossen wurde. Kindler hatte in Hamburg die nach ihm benannte präparative Variante der Willgerodt-Reaktion entwickelt. Er ging nach Innsbruck, wo er 1941 - 1945 das Ordinariat für Pharmazeutische Chemie innehatte.
3.2
Für Frers, einen Mitarbeiter des Instituts, der sich im Dritten Reich" politisch stark engagiert hatte, zeitweilig Gaudozentenführer gewesen war, und der die Chemie mit dem germanischen Mythos als ideologischer Basis und der Erhaltung der Rasse" verknüpfen wollte, wurde 1940 ad personam eine Abteilung für Elektrochemie eingerichtet, die aber keinen Bestand über das Dritte Reich hinaus hatte (vgl. 4.2). Weitere Einzelheiten darüber finden sich in Hamburger Beiträge für Wissenschaftsgeschichte" (13).Aus dieser ausführlichen Darstellung soll an dieser Stelle nur an zwei Ereignisse erinnert werden, die den beiden Persönlichkeiten widerfahren sind, von denen die bedeutendsten wissenschaftlichen Leistungen stammen, die in der in diesem Kapitel behandelten Periode zu verzeichnen sind. Es handelt sich um Otto Stern (14) und Paul Rabe (11).
An Leistung und Schicksal von Otto Stern, des einzigen Nobelpreisträgers der Universität Hamburg, erinnert eine Gedenktafel, die 1988 anläßlich seines 100. Geburtstages an dem auf seine Initiative hin errichteten alten" Institut für Physikalische Chemie in der Jungiusstraße (Abb. 3,4) angebracht wurde. Stern ging an das Carnegie-Institut nach Pittsburgh zusammen mit Estermann, der sich 1928 habilitiert hatte. 1956 wurde Estermann der Status eines emeritierten ordentlichen Professors zuerkannt.
Als Nachfolger Sterns wurde Harteck berufen. Er trat am 1. November 1935 seinen Dienst an, und er entfaltete 16 Jahre lang intensive Tätigkeit, wobei zunächst kernphysikalische Untersuchungen im Vordergrund standen. Ein mit Trockeneis moderierter Uranreaktor blieb unterhalb der kritischen Masse, ein Glücksfall, den Harteck sehr wohl zu schätzen wußte. Das Uran 235 wurde für die Untersuchungen über das gasförmige Uranhexafluorid in Ultrazentrifugen angereichert.
Nicht vertrieben, wie Otto Stern, aber vorzeitig aus seinem Amt verdrängt, wurde Paul Rabe, dem 1931 die Totalsynthese des Hydrochinins gelungen war (15). Er hatte im November 1934 einen Studenten der Pharmazie, der Anschläge politischen Inhalts (16) an dem Schwarzen Brett der Pharmazeutenschaft angebracht hatte, zur Rede gestellt und ihm deren Entfernung dringend nahegelegt. Der Student weigerte sich und meldete den Vorfall an den Führer der Hamburger Studentenschaft. Der Vorfall wurde offenbar nach Berlin weitergemeldet und im April 1935 wurde Rabe mitgeteilt, dass er mit Wirkung vom 31.3.1935 von seinen amtlichen Verpflichtungen entbunden sei.
Die Legende, Rabe sei aus dem Amt entfernt worden, weil er Freimaurer war, kann aus den Akten nicht belegt werden. Die geschilderten politischen Eingriffe haben die in Hamburg aufblühende chemische Forschung stark gestört, und sie konnte erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder belebt werden. Aus der Zeit vor dem Dritten Reich sei noch auf die Arbeiten hingewiesen, die Paneth von 1919 - 1922 über gasförmige Metallhydride, z.B. Zinnwasserstoff und Bleiwasserstoff, durchführte. Er war der erste Vorsteher der Abteilung für Anorganische Chemie. Sein Nachfolger wurde Remy, der mit seinem zweibändigen Lehrbuch der Anorganischen Chemie die literarische Tradition der Chemie in Hamburg fortsetzte (17).
3.3
Die Entwicklung des Chemischen Staatsinstitutes zu einem Universitätsinstitut ist Rabe zu verdanken. Kennzeichnend dafür ist die aus Abb. 1 zu entnehmende Strukturentwicklung. Auch die aus Abb. 2 erkennbare Neugestaltung des Chemischen Unterrichts im Vergleich zu den bis dahin bestehenden Universitätskursen belegt dies deutlich. Aus den handschriftlichen Ergänzungen ist zu entnehmen, dass die Experimentalvorlesung in Anorganischer Chemie doppelt gehalten wurde. Die Ursache war der große Ausbildungsbedarf nach dem Ende des ersten Weltkrieges. Um der Nachfrage entsprechen zu können, wurde vom 09.02.1920 bis 10.04.1920 ein Zwischensemester eingeschoben, in dem auch eine Veranstaltung Chemie für Mediziner angeboten wurde.Der kundige Thebaner erkennt, dass sich aus einer derartigen Nachfrage im Bereich der Praktika eine drückende Raumnot entwickeln mußte. Sie ist charakteristisch für die Ausbildungssituation bis zur Errichtung der Neubauten, die im nächsten Kapitel behandelt wird.
Es liegt auf der Hand, dass sich in diesem Zusammenhang zwischen den traditionellen Aufgaben des Untersuchungsamtes und den akademischen Aktivitäten Spannungen entwickelten, die für den aufmerksamen Leser des in Abb. 5 gezeigten Berichtes erkennbar sind.
3.4
Die 1919 angekündigte, aber nicht abgehaltene Vorlesung der Chemie der Nahrungs- und Genussmittel (Abb. 2) markiert den Beginn einer Lehrtätigkeit, an der, im Laufe der Zeit das Hygienische Institut maßgebenden Anteil gewann. Ihm wurden bei seiner Gründung zahlreiche Aufgaben zugewiesen, die bis dahin dem Chemischen Staatslaboratorium oblagen. Dazu gehörten auch die Untersuchung der Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände" (18). Durch das Gesetz betreffend die Gründung der Hamburger Universität" war ihm die Ausbildung von Nahrungsmittelchemikern in Fragen der Hygiene" übertragen worden. Eine Aufgabe, die ihm durch das 1899 vollendete Institutsgebäude erleichtert wurde, das sich unmittelbar an das Gebäude des Chemischen Staatslaboratoriums an der Jungiusstraße anschloß.Seit 1928 findet sich in den Vorlesungsverzeichnissen ein Hinweis auf einen Kursus in Bakteriologie für Chemiker, der im Hygienischen Institut abgehalten wurde. Obgleich es seit 1909 darin eine Abteilung für Nahrungsmitteluntersuchungen gab, wurden Praktika zur Untersuchung von Lebensmitteln nur im Chemischen Staatsinstitut angeboten und zwar von Wissenschaftlern des Untersuchungsamtes (Ehrenstein, Göhlich, Schmalfuß, Kraul). Ehrenstein kündigte in unregelmäßigen Abständen eine Vorlesung Warenkunde an. Erst ab 1932 wurde von Schmalfuß bis zu seiner Berufung an die Reichsuniversität Posen" im Jahre 1940 regelmäßig eine Vorlesung Chemie der Lebensmittel" angeboten.
3.5
Die mit der 1919 angekündigten, aber nicht abgehaltenen Vorlesung Technische Chemie und ihre Beziehungen zu Volkswirtschaft" gekennzeichnete Fachrichtung (Abb. 2) wurde seit 1925 von Jantzen übernommen, der 1928 die Abteilung für Technische Chemie übernahm. Von ihm wurde in Deutschland die deskriptive Phase der chemischen Technologie in Forschung und Lehre überwunden. Die als Gegenstromverteilung bekannt gewordene Trennungsmethode ist von ihm in Hamburg entwickelt worden.Jantzen
wurde bereits 1939 zur Wehrmacht eingezogen und erst bei Kriegsende nach Hamburg entlassen.1943 wurde das Chemische Staatsinstitut durch einen Luftangriff teilweise zerstört, und 1944 erhielt das benachbarte Gebäude des Hygienischen Instituts einen Volltreffer, der es funktionsunfähig machte. Die Anfang 1943 drohende Schließung des Lehrbetriebes der Universität wurde durch offenbar überzeugende Darlegungen über die für Kriegszwecke wichtigen Ausbildungs- und Forschungsaufgaben abgewendet (19).
4. Vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Universitätsgesetz (1945 - 1969)
4.1 Wie bei der Gründung der Universität sah sich die Chemie in Hamburg nach dem Kriege einer großen Nachfrage nach Studienplätzen in einem beschädigten Institut gegenüber.
Schlubach, der nach der vorzeitigen Emeritierung Rabes die Leitung des Institutes übernommen hatte, widmete sich mit Vorsicht und Geduld dem Neubeginn der Chemie. Hierbei konnte er auf die tatkräftige Hilfe von Endres und Heyns zurückgreifen, die beide in der Industrie tätig waren. Endres, der sich bei Wieland in München habilitiert hatte, war 1939 zum Dozenten und im Januar 1945 zum außerplanmäßigen Professor ernannt worden. Er las im Wintersemester 1945/46 für Remy, der durch die Militärregierung vom Dienst suspendiert worden war, die Grundvorlesung in Analytischer Chemie. Ich habe zu seinen Hörern gezählt und habe einen bleibenden Eindruck von seiner Vorlesung in einem überfüllten Hörsaal des Chemischen Staatsinstituts mitgenommen. Über die Zusammensetzung und Befindlichkeiten der Studenten der ersten Semester nach dem Kriege ist man durch eine Untersuchung der HIS (Hochschulinformations-System GmbH) gut unterrichtet (20).
4.2
Noch im Wintersemester 1945/46 wurde die Suspendierung Remys wieder aufgehoben, und er nahm seine Vorlesung sogleich wieder auf. Die Wertschätzung, die er in der Fakultät genoß, ist daran zu erkennen, dass er 1949 zum Dekan gewählt wurde. Mit Ausnahme von Frers (21) waren im August 1945 alle Professoren und Dozenten im Fach Chemie, die fast alle Mitglieder der NSDAP gewesen waren, von der Militärregierung in ihren Ämtern bestätigt worden. Aus dem Vorlesungsverzeichnis des ersten Nachkriegssemesters (Abb. 6) entnimmt man jedoch, dass Harteck fehlte. Über die Ursache hat er selbst sich in einer Mitteilung an die Hochschulabteilung der Schulbehörde, die in seiner Personalakte enthalten ist, wie folgt geäußert: Auf Ihre Anfrage teile ich Ihnen mit, dass ich sofort nach der Besetzung Hamburgs durch die Engländer sichergestellt wurde und nach einem kurzen Aufenthalt in Paris bis zu meiner Rückkehr nach Deutschland als Gast der britischen Regierung in England war. Ich habe am 21. Januar 1946 meinen Dienst am Institut für Physikalische Chemie wieder aufgenommen." (22)Der Text läßt erkennen, dass Harteck besonders gute Voraussetzungen für Verhandlungen mit der britischen Militärregierung besaß. Er wurde folgerichtig 1946 zum Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät gewählt und war Rektor der Universität in den Amtsjahren 1948 und 1949.
Das Vorlesungsverzeichnis für 1945/6 zeigt trotz des Fehlens von Harteck ein vollständiges Angebot an Lehrveranstaltungen in der Physikalischen Chemie. Die Habilitation von Knauer war noch von Stern eingeleitet und von ihm in der letzten Fakultätssitzung, an der er teilnahm, erfolgreich vertreten worden. Knauer hat sich bis zur Berufung von Harteck an den mit Jensen (23) angekündigten Besprechung kernphysikalischer Arbeiten" beteiligt. Zum Ende des Sommersemesters 1952 nahm Harteck einen Ruf an das Rensselaer Polytechnic Institute in Troy in den USA an. Erst nach 2 Jahren konnte der Lehrstuhl wieder besetzt werden, und zwar durch Wicke, der bereits 1959 einen Ruf nach Münster annahm; sein Nachfolger wurde Knappwost, in dessen Amtszeit der Umzug des Institutes in die neuen Gebäude an der Bundesstraße fiel.
4.3
Von den Bombenschäden des Jahres 1943 war besonders die Abteilung für Organische Chemie betroffen. Sie wurde daher 1945 provisorisch in die Villa Tannenhöft bei Ahrensburg verlegt, die von dem Hamburger Reeder Lütgens vor dem ersten Weltkrieg erbaut worden war, und die in der letzten Phase des 2. Weltkrieges schon einem Institut für koloniale Bodenforschung als Arbeitsstätte zugewiesen worden war. Für die jetzt beabsichtigte Verwendung war eine Laboratoriumsausrüstung notwendig, die auf eine in jenen Tagen oft praktizierte Weise aus dem Bestand einer nicht mehr gebrauchten Munitionsfabrik beschafft wurde.Mit der Berufung von Heyns im Herbst 1948 zum außerordentlichen Professor und zum Vorsteher der Abteilung für Organische Chemie begann in Tannenhöft eine neue Ära. Sie fand Ausdruck durch den Bau einer größeren Wasserleitung, ohne die ein Betrieb von Wasserstrahlpumpen auf allen Plätzen der Abteilung nicht möglich gewesen wäre. Die Studenten hoben den Graben aus (je 8 m) mit Geräten, die Heyns beschafft hatte. Das Ereignis ist kennzeichnend für die Aufbruchsstimmung nach der Währungsreform, die den Lebens- und Arbeitsstil in Tannenhöft geprägt hat, wo die aktuellen Probleme mit Phantasie und Improvisation gelöst wurden.
Zwei weitere Beispiele mögen dies belegen:
1) Zur Vermeidung längerer Wartelisten für das Praktikum in Organischer Chemie wurden 14 Plätze als Zweischichtenpraktikum betrieben mit Schichtwechsel in der Mittagszeit.
2) Um Platz für das erste in einem deutschen Universitätsinstitut aufgestellte Massenspektrometer zu gewinnen, wurde die Garderobe der Villa samt Toilette säkularisiert". Dazu wurde die Garderobe in den Keller verlegt und die Stoffwechselbedürfnisse klaglos in der letzten verbliebenen Toilette geregelt.
Berühmt waren die Sommerfeste in Tannenhöft, die sich wegen der schwierigen Verkehrsverbindungen bis in den Morgen hinziehen mußten, was vorher bekannt war und gern in Kauf genommen wurde.
Gearbeitet wurde im Laboratorium meist bis in den Abend und häufig konnte man Studierende im Laufschritt dem U-Bahnhof Hopfenbach (heute Ahrensburg Ost) zustreben sehen, um einen späteren Zug zu erreichen.
Die täglichen Fahrten mit der U-Bahn haben erheblich zur Sozialisierung der in Tannenhöft tätigen Studierende beigetragen. Diese erstreckte sich auch auf das nichtwissenschaftliche Personal", welches später das Technische und Verwaltungspersonal (TVP)" genannt wurde und neuerdings Sonstige Mitarbeiter" heißt.
An markanten Personen sind hier zu nennen: das Hausmeisterehepaar Drosdowski (Herr und Frau Ki; Frau Ki war für die Sauberkeit im Hause zuständig; die Laboranten Schöning, Meyer, Rose und Didschun. Letzterer ist noch im Jubiläumsjahr im Institut für Organische Chemie tätig und wegen seiner präparativen Leistungsfähigkeit geschätzt.
Wegen der großen Entfernung zwischen der Universität und Tannenhöft entwickelten sich besondere Arbeitsformen, wozu ein Bibliothekstag" gehörte, der mit der früh am Tage gehaltenen Vorlesung Spezielle Organische Chemie" koordiniert wurde. Dabei kamen intensivere Kontakte mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung (Brandt), der Bibliothek (Zapp, Beckmann) und des Chemikalienlagers (Weber) als sonst bei Studierenden üblich zustande. Eine Klasse für sich war der Mechaniker Raiser in der Physikalischen Chemie, der von Stern bei seiner Einstellung eine persönliche Zulage zu seinem Gehalt bekommen hatte, die Stern privat bezahlte und die gestrichen wurde als Stern Hamburg verließ.
4.4
Im Frühjahr 1963 wurde die Außenstelle an das Institut für Anorganische Chemie übergeben, da der erste Bauabschnitt der Neubauten an der Bundesstraße durch die Organiker bezogen werden konnte. Nachfolger der Chemiker in Tannenhöft wurden die Forstwirte mit dem Institut für Forstgenetik der Bundesanstalt für Holz- und Forstwirtschaft. Damit hat das von Lütgens angelegte Arboretum, das die Chemiker nur als erholsamen Park genutzt hatten, eine seiner Bedeutung entsprechende wissenschaftliche Nutzung erfahren.Während der 15 Jahre der Organischen Chemie in Tannenhöft sind dort 280 Praktikanten ausgebildet, sowie 48 Diplom-, 47 Doktorarbeiten und 2 Habilitationsarbeiten ausgeführt worden. Die intensive Arbeit in dem Laboratorium war von lebhaften Diskussionen über chemische Probleme begleitet, die in theoretischer Hinsicht von Arndt bereichert wurden, der nach seinem Ausscheiden aus der Universität Istanbul als Emeritus in seine Vaterstadt Hamburg zurückkehrte und seit 1956 Honorarprofessor im Fachbereich Chemie war (24).
4.5
Auch die Abteilung für Biochemie, die unter der Leitung von Tschesche ihre Arbeit nach dem Krieg wiederaufgenommen hatte, konnte in der Jungiusstraße keine Laboratoriumsplätze erhalten. Sie wurden 1949 unweit von Tannenhöft in der Villa Wulfriede untergebracht, wo die biochemische Forschung wieder aufgenommen werden konnte. Die Praktika wurden seit 1954 in einer Baracke auf dem Gelände des Botanischen Gartens angeboten.Tschesche
folgte 1960 einem Ruf nach Bonn. In Wulfriede verblieb Grimmer, der ein privates Biochemisches Institut für Umweltcarcinogene" gegründet hatte, das seit 1986 in einem Neubau in der Nähe von Wulfriede arbeitet.Tschesches
Nachfolger wurde Thorn, der 1963 den zu den Neubauten des Chemischen Staatsinstituts gehörenden Baukörper Biochemie (BC in Abb. 8) beziehen konnte (vgl. 4.8).
4.6
1945 kehrte Kindler (vgl. 3.1) nach Hamburg zurück und erhielt von der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät den Auftrag, ein Pharmazeutisches Institut zu gründen. Auch er mußte ein Laboratorium außerhalb des Chemischen Staatinstitutes einrichten. Dies gelang in einem Seitenflügel des Schlosses Reinbek. Dem auch hier alsbald auftretenden Mangel an Arbeitsplätzen wurde durch deren Teilung entgegengewirkt. Durch den Ausbau einer alten Kasematte des Schlosses wurde Raum für zehn weitere Laborplätze gewonnen, die zwar nur Oberlicht über ein Glasdach erhielten, doch die Studenten eines Semesters aufnehmen konnten. Das Laboratorium wurde der Schlauch" genannt.Nach Kindlers Emeritierung übernahm Zymalkowski 1959 den freigewordenen Lehrstuhl; er folgte 1963 einem Ruf nach Bonn. Sein Nachfolger wurde Kreutzkamp. Ihm ist die Aufgabe zugefallen, den Neubau des Instituts für Pharmazeutische Chemie zu übernehmen, mit dessen Errichtung 1966 begonnen worden war (vgl. 4.8).
4.7
Die in Abschnitt 3.4 dargestellte Doppelläufigkeit in der Lebensmittelchemie wurde auch nach 1945 beibehalten und sie besteht bis heute. Der erste Inhaber des 1964 geschaffenen Ordinariats für Lebensmittelchemie war Hans Werner, der dieses Amt in Personalunion mit der Leitung der Chemischen und Lebensmitteluntersuchungsanstalt im Hygienischen Institut ausübte. Er hatte 1940 als Wissenschaftlicher Rat die Leitung der Untersuchungsstelle für Vollkornbrot am Hygienischen Institut übernommen; 1943 habilitierte er sich dann bei Schmalfuß in Posen für Lebensmittelchemie. 1945 wurde er nach Hamburg umhabilitiert und 1951 zum Leiter der oben erwähnten Anstalt ernannt, sowie zum Referenten der Gesundheitsbehörde Hamburg für Lebensmittelchemie und Lebensmittelüberwachung.Aus der Übersicht in Abb. 1 geht die Doppelfunktion, die sowohl Hans Werner als auch sein Nachfolger Schneider ausübten, hervor. Hinzugefügt werden muß, dass die praktische Ausbildung und die experimentelle Forschung bei dieser Struktur nur in der Anstalt und nicht bei dem Ordinariat möglich war.
4.8
Eines der wichtigsten Ereignisse dieses Zeitabschnittes war der Neubau des Chemischen Staatsinstitutes, der von 1961 bis 1965 in drei Bauabschnitten erfolgte. Er ist entscheidend von Heyns geprägt worden, wie aus der Vorgeschichte hervorgeht, über die im folgenden auf der Grundlage von mündlichen Mitteilungen berichtet wird, die Herr Heyns mir in mehreren Gesprächen gemacht hat und von persönlichen Erinnerungen, denn in dieser Zeit begann unsere sich ständig vertiefende Zusammenarbeit.Überraschenderweise lagen die Anfänge bei der Hamburger Studentenhilfe e.V., der Vorgängerin des heutigen Studentenwerkes. Heyns hatte nach einem Beschluß des Akademischen Senats den Vorsitz des Vereins übernommen und 1951 in kühnem Zugriff den Neubau des Studentenhauses am Bornplatz in Angriff genommen. Damals war das Grundstück in der Neuen Rabenstraße mit der alten Mensa von der englischen Besatzungsmacht freigegeben worden. Mit dessen als Eigenanteil in die Finanzierung eingebrachten Wert konnte die Hansestadt zur Gewährung eines unverzinslichen Darlehns von DM 500.000,-- veranlaßt werden, mit dem der Neubau errichtet wurde, der heute noch in vollem Betrieb ist und jetzt eine Entlastung durch einen Neubau an der Bundesstraße bekommen soll, für den 24 Millionen veranschlagt sind.
Das Engagement in dieser Bauaufgabe brachte Heyns in einen nicht immer spannungsfreien Kontakt mit der Baubehörde, doch im Rathaus und an den Spitzen anderer Behörden wurde man auf ihn aufmerksam. Aufgrund dieser Kontakte gelang es ihm, gegen den Widerstand des damaligen Direktors des Chemischen Staatsinstituts, eine großzügige Planung für den Neubau des Instituts auf einem anderen Gelände als der Jungiusstraße ins Werk zu setzen.
Die zur Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs notwendigen Mittel hat der 1956/58 amtierende Rektor Schiller flüssig gemacht. In einer von Senatssyndikus Harder geleiteten Konferenz mit den Spitzen der an dem Planungsvorhaben beteiligten Behörden wurden die notwendigen Grundsatzentscheidungen getroffen, auf Grund derer als Standort das Grundstück der ehemaligen Kaserne des Infanterieregiments 76 an der Bundesstraße bestimmt wurde. Die Planungsunterlagen für den Architekturwettbewerb wurden gemeinsam mit der Baubehörde 1958 fertiggestellt, der Bau selbst aber unmittelbar mit dem im Wettbewerb erfolgreichen Büro Giefer und Mäkler aus Frankfurt geplant und durchgeführt. Die Neubauten der chemischen Institute als Keimzelle für das naturwissenschaftliche Zentrum im Bereich der Bundesstraße hätten niemals eine so prägende Wirkung entfaltet, wenn Planung, Überwachung und Ausführung in anderen Händen gelegen hätten.
Einen Überblick Über die topographische Situation gibt die Abb.7. Während 1956 die blanke Fläche des Kasernenhofes der ehemaligen 76er als Landmarke auffiel, hat der Neubau des Chemischen Staatsinstituts, der hier wegen der unmittelbar baureifen Fläche (24a) begonnen wurde, einen städtebaulichen Akzent gesetzt. Aus der Abb. 8 ergibt sich die Zuordnung der Institute zu den in Abb. 7 sichtbaren Baukörpern. Die charakteristische Gliederung der Baukörper des Chemischen Staatsinstituts um einen Verbindungsbau ist in dem Luftbild deutlich zu erkennen. Dieser Gang, von den einmal ein militärisch kompetentes Mitglied des Lehrkörpers sagte, dass man darin ein Bataillon antreten lassen könne, ist ein interessantes Beispiel zur Verwendung öffentlicher Mittel für Kunst am Bau. In seinen Boden sind Mosaiken eingelassen, die Symbole zeigen, welche die Alchimisten in ihren Texten als Abkürzungen verwendeten. Damit sich ihre Wirkung nicht nur in Dekorationen erschöpft, sind in Abb. 9 die Bedeutungen der einzelnen Symbole nochmals zusammengefaßt (25).
Nach Mitteilung der allgemeinen Verwaltung des Fachbereiches Chemie ist der Baukörper OC für DM 13,5 Millionen errichtet worden. Die Aufwendungen für die Entasbestierung und Sanierung des Gebäudes betrugen DM 11,1 Millionen.
4.9
Mit dem Einzug in die jeweiligen Neubauten entwickelten sich für die Institute nacheinander Phasen von Prosperität, denn es verschwanden nicht nur die jahrelangen räumlichen Engpässe, sondern es gab eine großzügige Neuausstattung mit Geräten und auch einige neue Assistentenstellen.Die Neubauten des Chemischen Staatsinstituts waren für Aufnahme und Durchlaßkapazität von 60 Chemiestudenten pro Jahr geplant worden, doch schon 1969 waren wieder Anstrengungen zur Erweiterung der Kapazität erforderlich. Erst 1974 ergab sich eine Entlastung, als das Verfügungsgebäude II in Betrieb genommen wurde und die Chemischen Institute neue Räume in einigen Geschossen erhielten.
In diesem Zustand erfaßte die 1968 von den Universitäten Tokio, Paris, Rom und Kopenhagen ausgehende studentische Unruhe auch die Chemie in Hamburg. Es kam zwar nicht zu so großen Turbulenzen wie in anderen Bereichen der Universität, doch der Übergang von der ordinarienuniversität" zur Mitbestimmungsuniversität", der so in Gang gesetzt und durch das Universitätsgesetz vom 25. April 1969 verbindlich festgelegt wurde (26), war ein wichtiges Kapitel für die Entwicklung der Chemie in Hamburg.
Am Beginn des nächsten Kapitels sollen einige wenige Entwicklungen dieses Überganges in der Chemie in der gebotenen Kürze behandelt werden, wobei auch einige Projektionen auf das Jubiläumsjahr versucht werden sollen.
5. Vom Universitätsgesetz bis zum 75-jährigen Jubiläum der Universität (1969 - 1994)
5.1 Der durch das Universitätsgesetz im § 75 definierte Fachbereich Chemie hatte bereits 1965 einen Vorläufer in der Fachsparte Chemie als einer Untergliederung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. So sollte erreicht werden, dass notwendige Entscheidungen schneller getroffen werden konnten als durch die zahlenmäßig stark angewachsene Fakultät. Die Fachsparte Chemie stand unter der Leitung von Nast, der 1961 die Nachfolge von Remy angetreten hatte, als Direktor des Instituts für Anorganische Chemie im Chemischen Staatsinstitut.
Das Chemische Staatsinstitut war aufgelöst worden, als das Universitätsgesetz am 01.05.1969 in Kraft getreten war, und die Fakultät wurde zum 01. 10. 1969 aufgelöst. Der von diesem Zeitpunkt an für die Chemie zuständige Fachbereichsrat fand nach einigen von Geschäftsordnungsdebatten durchdrungenen Sitzungen zu einem zwar zeitraubenden aber wirkungsvollen Arbeitsstil, wenn nicht besondere, die Gemüter erregende Punkte behandelt wurden. Die sogenannte zugeordnete Lehre" (d. h. Lehrveranstaltungen, zu deren Abhaltung der Professoren- bzw. Dozentenstatus entbehrlich ist) hatte, was heute schwer nachvollziehbar ist, Tumulte hervorgerufen, als sie im Fachbereichsrat definiert werden sollte; das mochte mit der thematischen Nähe zur Studienreform zusammengehangen haben.
Es gab in dieser Zeit sehr unterschiedliche Reformziele. So ging es in den Studentenwohnheimen, wo ich damals als Projektor eines Wohnheimes unmittelbaren Einblick hatte, vorwiegend, aber meist nicht ausgesprochen, um die Entkriminalisierung der Jugendliebe" (27).
In der Universität dagegen stand die Studienreform deutlich ausgesprochen im Zentrum heißer Diskussionen. Ein Aspekt dieses vieldeutigen Wortes ist oben erwähnt worden, doch einen tieferen Einblick gewährt der Bericht über eine Tagung, die nach 10-jähriger Debatte über diesen Gegenstand stattfand (28). Über 80 Personen haben daran teilgenommen. Zwölf von ihnen sind in dem Bericht abgebildet, davon zwei Personen zweimal, was nolens volens die Bedeutung dieser beiden für die Tagung unterstreicht. Einer von ihnen ist Sinn und von ihm ist in dem Bericht auch ein Autograph reproduziert, in dem die These 7 der Hamburger Thesen zur Entwicklung und Revision von Studienordnungen" formuliert ist. Sie ist in Abb.10 wiedergegeben und der Text zeigt, dass hier eines der zentralen Probleme der Studienreform angesprochen wird. Die in dem ersten Absatz erwähnten Zwangsfolgen, worunter Zwangsexmatrikulation zu verstehen ist, sind damals unter dem politischen Einfluß von Sinn abgewendet worden.
Im Jahr des Universitätsjubiläums sind sie wieder auf die Tagesordnung der Bildungspolitik gekommen, weil die Anzahl der bemoosten Studentenhäupter mit sehr hohen Semesterzahlen so spektakulär zugenommen hat, dass sich die Karikaturisten bereits der Sache annehmen.
Dies gilt nicht für den Fachbereich Chemie. Hier konnte seit 1989 die durchschnittliche Dauer des Studiums bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluß deutlich verkürzt werden (dafür erhielten zehn Absolventen des Jahres 1992 einen Preis des Stifterverbandes). Die Doktorarbeit erfordert im Durchschnitt drei Jahre.
Aus dem Text der These 7 in Abb. 10 erkennt man, dass unter der Fahne Studienreform auch Interessen verfolgt wurden. Von staatlicher Seite im Blick auf die erwähnten Ausbildungskapazitäten für deren Ermittlung Pauschaldaten, Durchschnittszeiten und Mittelwerte maßgebend sind. Dabei ist häufig die von Jaspers formulierte Binsenwahrheit aus den Augen verloren worden: Das Leben der Universität hängt an den Persönlichkeiten, nicht an der Institution, welche nur Bedingung ist".
Die Vertretung persönlicher Interessen hat in dieser Zeit, in der vieles zur Disposition stand, weitreichende Folgen gehabt. Erinnert sei an die Überleitung", und die ihr dann vorgeschaltete vorgezogene Überleitung" mit der Stellen aus dem akademischen Mittelbau in Professorenstellen umgewandelt wurden, ohne dass man sich allzusehr um die oben formulierte Binsenwahrheit kümmerte. Interessen, nämlich eine vergleichsweise unbedeutende Lehrgeldpauschale, haben auch die hitzige Debatte über die zugeordnete Lehre angefeuert, und auch einige Verwerfungen in der Personalstruktur einzelner Institute sind auf erfolgreiche Interessenvertretungen zurückzuführen. Dazu folgt im Abschnitt 5.2 ein Beispiel.
In den Sitzungen der Gremien des Fachbereiches fiel häufig das Wort Demokratieverständnis, meist in Form einer Rüge. Nicht ausgesprochen wurde dabei, dass Forschung im Fach Chemie in ihrem Kern nicht demokratisierbar ist. Natürlich müssen ihre Ergebnisse zur demokratischen Kontrolle veröffentlicht werden, und hier liefert die Universität seit 1974 durch regelmäßig erscheinende Forschungsberichte übersichtliche Grundlagen. Im Jubiläumsjahr erscheint kein Forschungsbericht, wohl aber ein Band mit Originalarbeiten von repräsentativen Gelehrten der einzelnen Fachbereiche der Universität.
Als bleibendes Ergebnis der 68iger Bewegung ist eine deutliche Lockerung der Umgangsformen in der Universität zu verzeichnen. Damals breitete sich das Du" als Anrede zwischen Professoren und Mitarbeitern in vielen Arbeitskreisen aus, eine Entwicklung, die wieder rückläufig zu werden beginnt. Zum Teil deshalb, weil der Altersunterschied zwischen den Professoren und ihren Studenten immer größer wird. Über die sprachlichen und kulturellen Probleme, die mit der Anredeform verknüpft sind, gibt eine Veröffentlichung der Joachim Jungius Gesellschaft der Wissenschaften interessante Aufschlüsse (29).
Das Universitätsgesetz hat in seinem Vollzug relativ schnell zu einem erheblichen Abbau der großen Spannungen geführt, die sich seit 1967 in der Universität entwickelt hatten. Der Preis dafür war, dass sich die akademische Nestwärme aus weiteren Bereichen der Universität zu verflüchtigen begann, und dass sich wertvolle interdisziplinäre Verbindungen zunächst lockerten und allmählich mit dem Ausscheiden der bisherigen Träger der Kontakte weitgehend abrissen. Die Möglichkeiten, die das Universitätsjubiläum zum Wiederanknüpfen solcher Kontakte bietet, sollten genutzt werden.
5.2
Das in der oberen Hälfte von Abb. 1 gezeigte Organigramm des Fachbereiches Chemie unterscheidet sich in vielen Punkten von der Übersicht über die 355 Jahre in der unteren Hälfte, besonders durch die Fülle der Namen. Hierzu sind einige Erklärungen notwendig, die über die Legende zu Abb.1 hinausgehen.Die Sprecher des Fachbereiches Chemie und die Geschäftsführenden Direktoren der Institute sind in der Abfolge, in der sie die Ämter bekleidet haben, links von meinem Pfeil aufgeführt, die bei dem Amtsträger im Jubiläumsjahr enden.
Die zeitliche Abfolge läuft dementsprechend von unten nach oben. Rechts von diesen Pfeilen sind für die Arbeit in den Institutionen wichtige Personen aufgeführt, die weder in der bis 1969 führenden Übersicht, noch in dem Organigramm des Fachbereiches Chemie im Jubiläumsjahr auftreten. In jedem Institutsbereich sind unter dem Geschäftsführenden Direktor die Professoren aufgezählt, darunter die Dozenten und unter ihnen die Privatdozenten mit den Hochschulassistenten. In Instituten, die keine Dozenten haben, folgen die Privatdozenten und Hochschulassistenten direkt auf die Professoren.
Die Gruppe der Dozenten in Stellen auf Lebenszeit ist ein Relikt aus der mit dem Universitätsgesetz von 1969 eingeleiteten Übergangsphase. Aus dem Organigramm entnimmt man, dass sich im Institut für Physikalische Chemie die größte Anzahl dieses Stellentyps findet. Außerdem ist die aus dem Organigramm nicht hervorgehende Tatsache nachzutragen, dass sich unter den Professoren nach dem Ausscheiden von Kastening kein Lehrstuhlinhaber mehr befindet, der Lehrstuhl von Knappwost ist aber seit 1981 vakant. Es ist hier nicht der Ort, dem Interessengeflecht nachzugehen, das eine solche Zunahme der Entropie hervorgerufen hat. Doch die Aufgabe der Universität, zur Vertretung des Faches die besten Persönlichkeiten heranzuziehen, ist hier noch zu leisten.
5.3.
Aus Abb. 1 geht hervor, dass der Fachbereich Chemie seit 1968 zwei neue Institute besitzt, nämlich das Institut für Technische und Makromolekulare Chemie und das Institut für Biochemie und Lebensmittelchemie. Beide sind 1983 gegründet worden.Man erkennt aus Abb. 1, dass das Institut für Technische und Makromolekulare Chemie aus der Abteilung für Angewandte Chemie des Instituts für Anorganische Chemie hervorgegangen ist, wobei die Zahl der Lehrstühle um drei vermehrt wurde (Kaminsky, Kricheldorf, Zachmann).
In dem Institut für Biochemie und Lebensmittelchemie sind zwei bis dahin voneinander unabhängige Einheiten zusammengeführt worden, nämlich die Abteilung für Biochemie und das Ordinariat für Lebensmittelchemie; sie sind als Abteilungen erhalten geblieben, wobei die schon vor dem Universitätsgesetz bestehende Doppelläufigkeit mit dem Chemischen und Lebensmittelchemischen Untersuchungsamt der Gesundheitsbehörde weiterbesteht mit dem Unterschied, dass die Anstalt nicht mehr Teil des Hygienischen Institutes ist. Der Abteilung für Lebensmittelchemie ist das Chemische Untersuchungsamt zugeordnet worden, das bis dahin dem Institut für organische Chemie angegliedert war.
In der Anfangsphase übernahm der Geschäftsführende Direktor des Institutes für Organische Chemie kommissarisch das Amt des Geschäftsführenden Direktors in dem neuen Institut.
Nicht in Abb. 1 ist enthalten das Institut für Gewerblich-Technische Wissenschaften, das sich noch im Aufbau befindet, worauf die wenig informative Abkürzung Vors. d. Aussch. i.d. F. d. IR u. Studek." hinweist, sie erinnert eher eine Quizfrage, und dementsprechend findet man den Klartext nicht hier, sondern am Ende des Personenregisters.
Die im November 1993 aus dem Fachbereich Erziehungswissenschaften in den Fachbereich Chemie versetzten Professoren sind in Veranstaltungen für Kandidaten des Lehramtes vorwiegend an Gewerbeschulen in den folgenden Fachrichtungen tätig: Chemotechniker (Steffen, Sücker), Körperpflege (Mohs), Ernährungs- und Haushaltswissenschaft (Alsen, Beier). Noch nicht vertreten sind die Fachrichtungen Textil- und Bekleidungstechnik, sowie Gesundheit; für das Fach Arbeitslehre ist Nohs als Koordinator tätig. Die allgemeine Koordinierung obliegt der Studiendekanin (Alsen), eine Funktionsbezeichnung, die aus der Technischen Universität Hamburg-Harburg stammt, wo es die Einrichtung der Studiendekanate gibt.
Die selbständige Abteilung für Organomeereschemie ist 1993 als Ergebnis einer Bleibeverhandlung von Francke aus dem Institut für Organische Chemie ausgegliedert worden. Dabei wurden wissenschaftliche Aktivitäten, die sich seit 1971 im Sonderforschungsbereich Meeresforschung entwickelt hatten (Hühnerfuß, Brockmann), mit dem Arbeitsbereich der Semiochemikalien und den hieraus hervorgegangenen auf Umweltprobleme gerichteten Aktivitäten (Franke) zusammengeführt.
Die Abteilung gehört, wie Abb. 1 zeigt, zum Fachbereich Chemie, jedoch ist sie über das Institut für Biogeochemie und Meereschenie Teil des Zentrum für Meeres- und Klimaforschung. Diese Beziehungen sind in Abb. 1 nicht aufgenommen worden.
Das gilt auch für die Eingliederung der Abteilung Pharmazeutische Biologie in das Institut für Pharmazie. Bis 1992 hatte sie als selbständige Abteilung für Pharmakognosie im Institut für Angewandte Botanik des Fachbereiches Biologie bestanden. Sie ist in einem alten Gebäude untergebracht, das man in Abb. 7 als zur Bundesstraße offenes U erkennt; es handelt sich um das in Abb. 8 ohne Eintragung gebliebene Grundstück südlich des Papendammes.
Nach der Auflösung des Chemischen Staatsinstitutes wurden die Namen der daraus hervorgehenden Institute zu Institut für Anorganische und Angewandte Chemie" und Organische und Biochemie" erweitert. Dies wurde nach der Ausgliederung der betreffenden Abteilungen beim Institut zur Organische Chemie rückgängig gemacht, nicht aber beim Institut für Anorganische Chemie. Diesem wurde nämlich das traditionsreiche aus der Hamburgischen Münze hervorgegangene Staatshüttenlaboratorium zugeordnet, das unter Leitung von Dannecker in dem Baukörper AA der Abb. 8 seine Arbeit aufnahm.
Es wurde 1991 im 99. Jahr seines Bestehens aufgelöst und wird seitdem als Abteilung für Angewandte Analytik GmbH fortgeführt.
Die Leistung eines Fachbereiches kann in erster Näherung an den wissenschaftlichen Publikationen und der Anzahl der Absolventen gemessen werden. Es würde den Rahmen dieser Darstellung sprengen, wenn der Versuch gemacht würde, die imponierende Vielfalt der wissenschaftlichen Produktion des Fachbereiches auszubreiten. Glücklicherweise entsteht hierdurch keine Lücke, denn die im Abschnitt 5.1 erwähnten Forschungsberichte, die sich Über 16 Jahre erstrecken, sind eine ergiebige Informationsquelle. In der Bibliothek des Fachbereiches Chemie findet man alle von den Wissenschaftlern des Instituts für Organische Chemie von 1974 an publizierten Arbeiten jahrgangsweise gebunden.
Zwischen 1970 und 1993 wurden im Fachbereich Chemie 1628 Studierende promoviert (29a). Die Zahl der aus den Vorlesungsverzeichnissen ersichtlichen Lehrveranstaltungen hat seit den in den Abb. 2 und 6 dokumentierten Verhältnissen für 1919/20 und 1945/46 bedeutend zugenommen. Im Sommersemester 1969 wurden 86 und im Sommersemester des Jubiläumsjahres 281 Lehrveranstaltungen angekündigt.
Die literarische Tradition wurde durch Kropf, Schaumann (HoubenWeyl, Methoden der organischen Chemie) (30) und Walter (Beyer/Walter, Lehrbuch der organischen Chemie) (31) fortgesetzt.
Wie bereits oben angedeutet, fiel in diesen Zeitabschnitt eine steigende Nachfrage nach Studienplätzen, die für die Chemie in Hamburg bis 1992 anhielt.
So gab es 1971 in Hamburg 867 Studierende der Chemie, 1990 waren es 1.633. In dieser Zeit nahm die Anzahl der Stellen für Wissenschaftler von 140 auf 139 ab (32). Dieser Zustand heißt im Verwaltungsdeutsch Überlast. Im Bereich der Sachmittel war er durch relative Konstanz der Zuweisungen gekennzeichnet. Abb. 11 zeigt für einige wichtige Chemikalien die, Preisentwicklung zwischen 1974 und 1982, aus der man den rapiden Kaufkraftverlust der Sachmittel ablesen kann.
Zu den Folgen der Überlast mit ihrer dauerhaften Überbeanspruchung von Personal, Raum und Ausstattung gehört ein Ereignis, das in folgenden Abschnitt behandelt werden soll.
5.4
Am 13. 07. 1990 erschien die Morgenpost mit der Schlagzeile: Giftskandal an der Uni. Es hatte einen Insiderhinweis auf die unsachgemäße Lagerung von überwiegend zur Entsorgung bestimmten, aber von den öffentlichen Entsorgungseinrichtungen nicht abgenommenen Chemikalien gegeben, weil es kein Entsorgungskonzept der Universität gab. Die Photographien von der Situation in einem Freiluftarbeitsplatz des Instituts für Organische Chemie wirkten alarmierend. Noch am gleichen Vormittag orientierte sich der zuständige Senator an Ort und Stelle und ordnete nach eingehender Beratung eine Sicherheitsinventur an. In Zusammenhang mit der Räumung von unübersichtlichen Lagerflächen kam es am 19. 7. zu einem ernsten Zwischenfall. Es wurden Chemikalienreste im Hausmüll der Chemischen Institute festgestellt. Daraufhin trat der Geschäftsführende Direktor des Instituts für Organische Chemie zurück und Francke wurde zum kommissarischen Direktor bestellt. Als Ergebnis der gründlichen Analyse der Ursachen der geschilderten Vorgänge wurden die Lagerverhältnisse in allen Instituten durch zusätzliche Baumaßnahmen saniert.Es gibt jetzt das bisher fehlende Entsorgungs- und Müllkonzept, zu dessen Einhaltung Stellen geschaffen wurden, und zwar durch Umschichtungen aus dem wissenschaftlichen Bereich. Im Institut für Organische Chemie ist in diesem Zusammenhang eine Müllverordnung erlassen worden, in der z. B. festgelegt ist, dass der in der Woche angefallene Hausmüll der Müllabfuhr unter Aufsicht durch einen Wissenschaftler weitergeleitet wird.
In den Chemikalienlagern der Institute wird mit EDV ein Chemikalienkataster geführt, und es werden Vorlesungen in Rechtskunde" für Chemiker und Toxikologie" für Chemiker angeboten. Die von der Chemie ergriffenen Maßnahmen sind, soweit sie organisatorischer Natur sind, für die Universitäten in Deutschland richtungsweisend geworden.
Dagegen sind die in den Empfehlungen der Untersuchungskommission" enthaltenen materiellen Gegenstände, z. B. absaugbare Vorratsschränke für Lösungsmittel, nicht beschafft worden.
Als sehr effektiv hat sich das Betriebs- und Sicherheitsdirektorium (BSD) des Fachbereiches Chemie erwiesen.
5.5
Im Organigramm des Fachbereiches findet man die bleibende personelle Auswirkung der im vorigen Abschnitt geschilderten Ereignisse in der Position Sicherheit (Wiedemann). Die Tradition des Sprechers des Fachbereiches und seines Planers geht auf das Universitätsgesetz von 1969 zurück; die zwölf Sprecher, die der Fachbereich Chemie seitdem hat, haben sich der Zuarbeit des Planers Helling erfreut.Wesentlich später (1985) ist die Position der Frauenbeauftragten eingerichtet worden. In diesem Zusammenhang ist eine hoffnungsvolle Entwicklung zur Gleichstellung der Frau in Gang gekommen, denn es gibt im Jubiläumsjahr vier Habilitandinnen im Fachbereich Chemie (Mischnick, Lindhorst, Rüffler und Burchardt, zur fachlichen Lokalisierung vgl. Abb. 1). Die Frauenbeauftragte des Fachbereiches Urlaß ist eine Doktorandin. Sie ist beratendes Mitglied in allen Berufungsausschüssen des Fachbereiches; sie kann ein Votum abgeben, das mit dem Vorschlag der Berufungskommission an den Akademischen Senat gesandt wird.
5.6
Schon bei seiner Gründung zählte der Fachbereich Chemie zu den ersten Großkunden" des Universitätsrechenzentrums, weil für den Rechenbedarf von Röntgenstrukturaufklärungen bereits Programme vorlagen. Die Professoren des Fachbereiches Chemie waren 1972 mit einem Antrag auf eine zentrale Rechenanlage erfolgreich, mit der es möglich war, die an vielen Großgeräten anfallenden Prozeßdaten on line" zu verarbeiten. Die mit vier Satelliten ausgerüstete VARIAN V 73 hat bis 1987 ihren Dienst versehen, obgleich sich inzwischen mit dem Siegeszug des Personalcomputers die unmittelbare Datenverarbeitung am Gerät und im Laboratorium durchgesetzt hatte.Inzwischen ist die interne Vernetzung erfolgt und über das Netz der Universität der Zugriff auf globale Netze möglich. Die zunächst für den Prozeßrechner eingerichtete und mit zwei Planstellen ausgerüstete zentrale Betreuung eines Fachbereichsrechners ist im Zuge der oben skizzierten Entwicklung nicht von Bestand gewesen. Dennoch hat sich die Anwendung von Rechnern z. B. zu quantenmechanischen Rechnungen und zur Bestimmung der dreidimensionalen Gestalt von Molekülen kräftig entwickelt. Das Molekulare Modellieren wird seit 1993 im Institut für Organische Chemie ausdrücklich in Forschung und Lehre vertreten. Die Studenten haben seit 1989 Zugang zu mehreren Rechnerpools, und es besteht vom Fachbereich aus die Möglichkeit, im zentralen Speicher der Chemical Abstracts in Columbus Ohio direkt zu recherchieren (CAS on line); mit CD ROM ist das auch im Beilstein möglich.
5.7
Die Leitung der zentralen Einrichtungen des Fachbereiches Chemie ist aus der Verwaltung des Chemischen Staatsinstitutes hervorgegangen (frühere Leiter Brandt, Friese). Sie ist in Planungskreisen unter der Bezeichnung integrierte Fachbereichsverwaltung" als beispielhaft für andere Bereiche der Universität angesehen worden, da sie weitgehend reibungslos die ständig -wachsenden Aufgaben erfüllt hat, die ihr gestellt wurden. Jedem aufmerksamen Besucher fällt das angenehme Betriebsklima und die Sauberkeit in den Gebäuden des Fachbereiches auf. Von den vielen Mitarbeitern, die unter der Leitung von Heidenreich diese Leistungen erbringen, soll eine Person erwähnt werden, die, wie man früher sagte, in den Sielen verstorben ist und die eine bedeutende Ausstrahlung in den Fachbereich hatte. Es ist Karin Rusch, die Leiterin der Beschaffungs- und Vorratsabteilung, die niemand vergessen wird, der ihr begegnete (33).
5.8
Die im Abschnitt 4.3 bereits erwähnte Bibliothek verfügte beim Umzug in den Neubau über etwa 30.000 Bände, deren vollständige Nutzung in der Jungiusstraße nur deshalb möglich war, weil ein erheblicher Teil des Bestandes auf engem Raum in einem Magazin untergebracht werden konnte, das im Nachbargebäude eingerichtet worden war; es war über eine durch die Brandmauer führende Tür erreichbar, die sich neben dem Arbeitsplatz der Bibliothekarin (Beckmann, nach ihrer Eheschließung Staffen) befand. Nach dem von Staffen geleiteten Umzug konnte der Bestand zunächst ohne Schwierigkeiten in dem Südflügel der Bibliothek (in Abb. 8 mit Bibl. bezeichnet) aufgestellt werden, so dass jeder Band leicht zugänglich war und im Magazin nur Material stand, das zum Recherchieren nicht unmittelbar gebraucht wurde.Die Nachfolgerin von Staffen als Bibliothekarin Oetken, die später durch Poehls und Witt tatkräftig unterstützt wurde, hat in ihrer unauffälligen Art Betrieb und Bestände der Bibliothek konsequent weiterentwickelt, so dass sie im Jubiläumsjahr über 70.000 Bände und andere Medieneinheiten verfügt. Auch die im Abschnitt 5.6 erwähnten, für die Studenten eingerichteten Rechnerpools sind in der Bibliothek untergebracht.
Die im Abschnitt 5.3 erwähnte Schere zwischen der Entwicklung der Chemikalienpreise und der entsprechenden Haushaltsmittel hat sich auch im Bibliotheksbereich bedrohlich geöffnet; dabei ist das ständige Auftreten neuer Zeitschriften auf dem Markt von besonderer Bedeutung, denn es mehren sich die Fälle, in denen neue Zeitschriften, die im Laufe der Zeit zu Ansehen gekommen sind und daher häufig gebraucht werden, in Hamburg überhaupt nicht vorhanden sind. Die Möglichkeiten, durch Abbau von Doppelabonnements Abhilfe zu schaffen, sind weitgehend ausgeschöpft. Die letzte große Anstrengung dieser Art ist eine 1986 begonnene Zusammenarbeit mit der Staats- und Universitätsbibliothek (SUB), bei der die SUB aus ihrem Gesamtetat bis zu 2,5 % in Form chemischer Zeitschriften einschließlich des Einbandes der Bibliothek des Fachbereichs zur Verfügung stellt. Auch private Stiftungen laufender Zeitschriften (ohne Einband) durch einzelne Professoren tragen zur Aktualisierung des Bestandes bei, doch es ist zu befürchten, dass die bereits beginnende Provinzialisierung der Bibliothek weiter um sich greift.
Dennoch wächst die Bibliothek ständig, und sie benötigt jetzt dringend den für sie gebauten Nordflügel zur vollständigen Nutzung. Etwa 20 Jahre nach dem Umzug war der Zeitpunkt erreicht, zu dem hier etwas geschehen mußte, und es ist gelungen, die Empore des Nordflügels für die Aufstellung von Zeitschriften zu gewinnen, die bereits wieder, wie in der Jungiusstraße, magaziniert worden waren. Die ersten Mittel zur Anschaffung der notwendigen Regale wurden durch Spenden der Professoren aufgebracht, daraufhin konnten öffentliche Mittel verfügbar gemacht werden.
Im Jahr des Jubiläums ist es nun wieder an der Zeit, der Bibliothek Luft zu schaffen und zwar in dem für sie weitblickend geplanten und gerichteten Nordflügel, wofür die Universität sogar seinerzeit eine Rüge des Rechnungshofes hingenommen hat. Jetzt aber läßt sie die Bibliothek des Fachbereiches im Stich, weil sich Nutzungen des in der Tat repräsentativen Raumes entwickelt haben, die von den davon profitierenden Einrichtungen, z.B. dem Breitensport Hamburger Hochschulen" für Tanzveranstaltungen geschätzt werden. Hier erwartet der Fachbereich, dass von den Verantwortlichen die notwendigen Prioritäten gesetzt werden.
Videant consules .. !
6. Epilog
Am 19. 04. 1994 gab der Präsident der Universität einen Empfang im Nordflügel der Bibliothek. Bei dieser Gelegenheit ist ihm ein Vorabzug des Abschnittes 5.8 als Denkanstoß überreicht worden. Falls dadurch tatsächlich ein Denkprozeß in Gang gekommen sein sollte, wäre es wünschenswert, wenn dabei wenigstens innerhalb der Universität der Stellenwert der Wissenschaft ihrer Bedeutung gemäß beachtet und ein der Bibliothek Luft verschaffender Beschluß gefaßt würde. Dies erscheint dringend geboten, denn aus der Qual der jüngsten Zeitgeschichte läßt sich erkennen, dass der Universität, verglichen mit anderen Bereichen der Stadt Hamburg, besonders schwierige Zeiten bevorstehen. Der zuständige Senator nämlich hat bei einer Diskussion mit dem Universitätspräsidenten und dem Präsidenten der Fachhochschule erkennen lassen, dass er die Universität in Rahmen der politischen Prioritäten als nachrangig einstuft (34).
Als ein vergleichsweise teurer Fachbereich" wird die Chemie davon erheblich betroffen sein. Wie aus meinem Text hervorgeht, wäre dies nicht das erste Mal, dass sie in Hamburg schwierige Entwicklungsphasen durchläuft.
Hier lohnt sich ein letzter Rückblick auf die Lage der Chemie in der Gründungsphase der Universität. In einer 1932 erschienen Denkschrift heißt es dazu: (35)
Bürgermeister von Melle hatte in weiser Voraussicht, unterstützt durch die Anstaltsleiter, schon seit Jahren den Boden für sein Lebenswerk, die Hamburgische Universität, vorbereitet. Ihm verdanken die alten Anstalten reiche Mittel zur inneren Ausgestaltung. Das Vorhandene konnte wenigstens zum Grundstein der Universität werden."
Das ist mit dem Ausspruch des in der schon erwähnten Veranstaltung am 19. 04. 1994 in sein Amt eingeführten Vizepräsidenten der Universität: Optimierung des Vorhandenen" sei das Gebot der Stunde, gut vereinbar, und dass eine derartige Einstellung probat ist, zeigt dieser Bericht an vielen Stellen. Man sollte auch nicht aus den Augen verlieren, dass man in Hamburg eher zu etwas kommt, wenn man Substanz vorweisen kann und weiterhin, dass die Chemie der Persönlichkeiten bedarf, die sie entwickeln und die ihre Faszination den nachwachsenden Generationen vermitteln.
Der Rückblick auf die Entwicklung der Chemie in Hamburg, an der ich fast 50 Jahre als Student, Professor und als Emeritus beteiligt war, erfüllt mich mit Dank, von dem ich einen Teil mit dieser Schrift abstatten wollte.
Fußnoten
(1) Hans Kangro, Joachim Jungius' Experimente und Gedanken zur Begründung der Chemie als Wissenschaft (Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1968).
(2) Fritz Krafft, Phosphor, Angew. Chem. 81, 634 (1969).
(3) Hans Schimank, Zur Geschichte der exakten Naturwissenschaften in Hamburg, Hamburg 1928, S. 59.
(4) Rudolf W. Meyer, Joachim Jungii Logica Hainburgensis, Hamburg 1957, S. IX.
(5) Friedrich Paulsen, Geschichte des Gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart, Leipzig 1885, S. 307.
(6) W. Walter, H.-P. Harke, G. Randau, W.-P. Trautwein und G. Maerten, Geschichte des öffentlichen chemischen Unterrichts und des Chemischen Staatsinstitutes in Hamburg, Abhandlungen und Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg. N.F. Bd. XI, Hamburg 1967, S. 5 ff.
(7) Abbildung und Baupläne lc 6, S. 8f.
(8) Vgl. M. Dennstedt, Die Entwicklung der Organischen Elementaranalyse. Sonderausgabe aus der Sammlung chemischer und chemisch-technischer Vorträge, BD 4 (Enke, Stuttgart 1899).
(9) M. Dennstedt, Anleitung zur vereinfachten Elementaranalyse für wissenschaftliche und technische Zwecke (Otto Meissners Verlag, Hamburg 1903). 2. Aufl. 1906, 3. Aufl. 1910, 4. Aufl. 1918, 5. und 6. Auflage neu bearbeitet von W. Utermark, 1947.
(10) R. Willstätter, Aus meinem Leben, Weinheim 1949, S. 225.
(11) H. Albers, W. Hochstätter, Paul Rabe (1869 - 1952) Chem. Ber. 99, XCI (1966).
(12) Das Chemische Staatsinstitut Hamburg in seiner Ausgestaltung während der Jahre 1917 bis 1932. Denkschrift von H. Schmalfuß, Hamburg 1932.
(13) E. Krause, L. Huber und H. Fischer (Herausgeber), Hochschulalltag im Dritten Reich". Die Hamburger Universität, (1933 - 1945) (D. Reimer Verlag, Berlin 1991). Hier J. Weyer. Das Fach Chemie an der Hamburger Universität im "Dritten Reich", S. 1119.
(14) W. Walter, Otto Stern, Leistung und Schicksal, 1.c. 13, S. 1142; Gesellschaft Deutscher Chemiker, Fachgruppe Geschichte der Chemie, Mitteilungen Nr. 3, S. 69 (1989). A. Bottin, Enge Zeit, S. 98, 145ff. (R. Reimer Verlag, Berlin 1992).
(15) Bis zur Totalsynthese des Chinins selbst durch R.B. Woodward und W. von E. Doering vergingen noch 15 Jahre. In ihrer Arbeit, The Total Synthesis of Quinine, J. Amer. Chem. Soc. 67, 860 (1945), haben die Verfasser Rabes Beiträge ausdrücklich gewürdigt.
(16) Darunter befand sich ein Zeitungsartikel mit dem Erlaß, der den Verkehr von Parteigenossen mit Juden unter Androhung von Strafe verbot.
(17) H. Remy, Lehrbuch der Anorganischen Chemie (Akademische Verlagsgesellschaft Geest und Portig, Leipzig, 1.Auflage 1931, Band 1 12. Auflage 1965; Band 11 12/13. Auflage 1973) unterschiedliche Auflagenzählung von I. und II. Band findet sich auch in früheren Auflagen.
(18) R. Bojar u. J. Bockemühl, 100 Jahre Hygienisches Institut der Freien und Hansestadt Hamburg, S. 13 (Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Hamburg 1992).
(19) J. Weyer, 1.c. 13, S. 1136.
(20) W. Krönig, K.-D. Müller, Nachkriegssemester, Studium in Kriegs- und Nachkriegszeit (Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1990).
(21) Aus der Arbeit von J. Weyer 1.c. 13, S. 1132f. entnimmt man, dass Frers, der bei der Entnazifizierung zunächst offenbar in die Kategorie III (Minderbelastete) eingeordnet war, durch konsequente Einsprüche 1948 in die Kategorie IV (Mitläufer) eingestuft wurde mit der Einschränkung, dass er bis 1953 nicht in einer Lehrtätigkeit an einer deutsche Universität beschäftigt werden durfte. 1950 wurde er dann in einem Wiederaufnahmeverfahren in die Kategorie V (Entlastete) eingereiht.
(22) Harteck war mit neun weiteren deutschen Physikern in Farm Hall interniert. Die während dieser Zeit aufgezeichneten Berichte sind in der Naturwissenschaftlichen Rundschau 47 (1994) in den Heften 1-3 als Supplemente auszugsweise als Kommentar von H. Rechenberg veröffentlicht.
(23) J.D. Jensen war damals Assistent im Institut für Theoretische Physik. Er erhielt 1963 zusammen mit E.P. Wigner und M. Goeppert-Mayer den Nobelpreis für Physik für die Entdeckung der Schalenstruktur des Atomkerne.
(24) W. Walter, B. Eistert, F. Arndt (1885 - 1969), Chem Ber. 108, 1 (1975).
(24a) Die Kaserne selbst war mit Asylanten belegt, für die an anderer Stelle Wohnraum erstellt werden mußte. Auch an dieser Aktion hat Heyns maßgebend mitgewirkt.
(25) W. Walter, Chemische Symbole in der Vergangenheit und Gegenwart. In: Chemie Unterricht CU 13 (1982) S. 42 f.
(26) Abdruck des leicht gekürzten Textes im Personal- und Vorlesungsverzeichnis, Sommersemester 1978, S. 44 bis 464.
(27) W. Walter: 32 Jahre Studentenwohnheim des Deutschen Roten Kreuzes in Hamburg (DRK Landesverband Hamburg 1993).
(28) Studienreform an der Universität Hamburg. Ziele und Wege der Reformarbeit unter der Geltung des neuen Hochschulrechts. Ergebnisse der Tagung in der Evangelischen Akademie Nordelbien in Bad Segeberg im Dezember 1978.
(29) E. Oksaar, Vom Sie zum Du. Zur Veränderung des Anredeverhaltens im gegenwärtigen Deutsch, Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg, Jahresbericht 1992, S. 51ff. (Hamburg 1993).
(29a) Die hier mitgeteilten, aus den Aufzeichnungen des Fachbereiches Chemie oder der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät entnommenen Zahlen weichen nicht unerheblich von den jährlich durch die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) erhobenen und in den Machrichten aus Chemie, Technik und Laboratorium veröffentlichten ab, weil die GDCh nur die Promotionen der Chemiker registriert, nicht aber die der Pharmazeuten, Lehramtsstudenten, Lebensmittelchemiker usw.
(30) Houben-Weyl, Methoden der Organischen Chemie, 4.Auflage, 67 Bände. Herausgeber Otto Bayer, Eugen Müller, Hans Meerwein, Karl Ziegler (seit 1975), Heinz Kropf (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1952-1987). Seit 1982 erscheint unter dem gleichen Titel eine Reihe von Erweiterungs- und Folgebänden, zu deren Herausgebern Heinz Kropf und Ernst Schaumann gehören.
(31) Hans Beyer und Wolfgang Walter, Lehrbuch der Organischen Chemie 17. bis 22. Aufl. (Hirzel Verlag, Stuttgart 1973-1991). Übersetzung ins Spanische 1987, nicht autorisierte Übersetzung ins Chinesische 1989.
(32) Bericht zu den Sicherheitsmängeln in den Chemischen Instituten, S. 32, Behörde für Wissenschaft und Forschung, 1990.
(33) Nachruf: Uni HH 23, Nr. 2, S. 58 (1992).
(34) taz Uni Spezial, Hamburger Ausgabe, 9. April 1994.
(35) Vollständige Abschrift des Titelblattes der Denkschrift, die auf
S. 5 den zitierten Text enthält:
Das Chemische Staatsinstitut Hamburg in seiner Ausgestaltung während
der Jahre 1917 bis 1932. Denkschrift von Professor Dr. Hans Schmalfuß,
Leiter des Untersuchungsamts und Vorsteher der Abteilung für Biochemie mit
einem Vorwort von dem Direktor, Professor Dr. Paul Rabe. Hamburg 1932,
Jungiusstraße 9. Im Selbstverlag ohne amtliche Mittel gedruckt bei Franz
Starck, Hamburg 93, Barmbeker Straße 39".
Abbildungen
Die Abbildungen sind teilweise über 100 KB groß und werden in einem separatem Fenster geöffnet.
Abb. 1: Organigramm (1613 bis 1994)
Abb. 4: Gedenktafel am alten Institut für Physikalische Chemie der Universität Hamburg.
Abb. 6: Die im Wintersemester 1945/46 im Fach Chemie angekündigten Lehrveranstaltungen.
Abb.8 : Lageplan des Fachbereiches Chemie
Abb. 9: Legende für die Mosaiken im Verbindungsbau der Chemischen Institute.
Abb. 10: These 7 der Hamburger Thesen" (Arbeitsgruppe II) im Original von Senator Sinn.
Abb. 11: Preisentwicklungen einiger wichtiger Chemikalien zwischen 1974 und 1982.